Prozess vor Wuppertaler Amtsgericht „Du willst es doch auch“

Wuppertal · Im Prozess um sexuelle Übergriffe hinter den Kulissen einer Wuppertaler Versicherungs-Filiale (die Rundschau berichtete) hat das Amtsgericht sein Urteil gesprochen: Der angeklagte Hausmeister soll für drei Jahre und sieben Monate ins Gefängnis.

 Das Wuppertaler Amtsgericht.

Das Wuppertaler Amtsgericht.

Foto: Dennis Polz

Erst sollen es anzügliche Bemerkungen gewesen sein, dann habe es Kussversuche gegeben. Irgendwann habe er sie zur Arbeitsstelle zitiert – angeblich, um ihr zu zeigen, wo die Putzutensilien liegen. Dann sollte es Sekt geben in einem Kellerraum, dort soll er mehrfach versucht haben, ihr die Hose zu öffnen. Am Ende habe er sie zum Sex gezwungen und dabei gesagt: „Komm, Du willst es doch auch.“

Was sich anhört wie eine vollkommen aus dem Ruder gelaufene sexuelle Begegnung, hat sich nach Überzeugung des Gerichts im November 2017 im Keller einer Wuppertaler Versicherung abgespielt. Er war dort der Hausmeister, sie in einer Reinigungskolonne beschäftigt. Er hatte später behauptet, der Sex sei einvernehmlich gewesen. Das Gericht sah die Sache anders: Der 50-Jährige muss für drei Jahre und sieben Monate in Haft, kann aber noch Berufung einlegen.

Im Prozessverlauf hatten sich Abgründe aufgetan, und dem Geschäftsführer der Versicherung dürfte damals schwindelig geworden sein inmitten dessen, was dieser Fall alles zutage gefördert hatte. Nicht nur, dass der nun wegen der Vergewaltigung verurteilte Hausmeister sexuell übergriffig geworden sein soll. Auch dessen Ehefrau, damals als Assistentin der Geschäftsleitung tätig, soll in die sexuellen Anzüglichkeiten verwickelt gewesen sein. Gemeinsam mit ihrem Mann soll sie im Unternehmen beschäftigte Frauen zu einem „flotten Dreier eingeladen“ haben. Beiden wurde gekündigt, mehrfach hatte man sich seither beim Arbeitsgericht wiedergetroffen.

Anfangs war es dabei „nur“ um sexuelle Belästigung gegangen, aber auch die hatte der Hausmeister bestritten und stattdessen von einer Affäre gesprochen, die er mit der Reinigungskraft gehabt habe. Der Anwalt des Mannes schickte dem Opfer sogar eine Unterlassungserklärung ins Haus – inklusive der Androhung, 37.000 Euro zahlen zu müssen für den Fall, dass die Frau weiterhin behaupte, von seinem Mandanten sexuell belästigt worden zu sein.

Daraufhin hatte die Frau mehr als ein Jahr nach der Tat dem Geschäftsführer der Versicherung per Handynachricht mitgeteilt, dass sie nicht nur „begrapscht“, sondern auch vergewaltigt worden sei. Sie habe aus Scham nicht darüber sprechen können und damit auch nichts mehr zu tun haben wollen. Die Versicherung hatte dem mutmaßlichen Vergewaltigungsopfer daraufhin einen Anwalt bezahlt, der wiederum riet zur Anzeige.

Was die 49-jährige nun im Zeugenstand erzählte, gab auch einen Einblick in prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Der Hausmeister habe großen Einfluss auf die Vergabe der Putzaufträge gehabt, und ihre Chefin habe sie nach den ersten Übergriffigkeiten dazu gedrängt, die Füße still zu halten. Das habe sie dann auch getan – zu groß sei die Angst gewesen, den Putz-Job zu verlieren.

Reagiert hatte die Chefin der Reinigungskolonne erst, als es sie selbst traf: Der Hausmeister soll im Aufzug sein Knie zwischen ihre Beine gedrückt haben. Da hatte sie schon längst gewusst, dass auch andere von ihr angestellte Frauen zum Opfer sexueller Übergriffe des Mannes geworden waren. Die hatten sich bei ihr darüber beklagt, vergeblich.

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