Interview: Vorbehalte, Ängste und Gerüchte beim Thema Flüchtlinge "Klare Antworten geben"

Wuppertal · Nicht nur bei Facebook & Co. machen Gerüchte über angebliche Kriminalität in und um Flüchtlingsunterkünfte oder exklusive Sonderbehandlungen für Asylsuchende die Runde. Rundschau-Redakteur Stefan Seitz sprach darüber mit Wuppertals Sozialdezernent Stefan Kühn.

 Sozialdezernent Dr. Stefan Kühn.

Sozialdezernent Dr. Stefan Kühn.

Foto: Raina Seinsche

Rundschau: Wie erleben Sie das Gerede darüber, was angeblich los ist in Flüchtlingsheimen und was Flüchtlinge angeblich alles bekommen?

Kühn: Zum Glück gibt es immer wieder Bürger, die mich persönlich ansprechen, Fragen stellen, Sorgen formulieren. Dann kann man miteinander sprechen und vieles richtig stellen. Bei anonymen Gerüchten im Internet ist das leider nicht möglich.

Rundschau: Welche Themen sind es, mit denen man konfrontiert wird?

Kühn: Manchmal wirklich abstruse Dinge. Etwa, dass Flüchtlinge nur Premium-Mineralwasser bekämen. Das ist natürlich, wie vieles andere, einfach dummes Zeug. Auch hört man immer wieder, dass die Polizei nicht eingreift, wenn Flüchtlinge Straftaten begehen. Das ist selbstverständlich nicht wahr. Stadt und Polizei arbeiten eng zusammen, sind in ständigem Informationsaustausch. Wenn beispielsweise, und das ist ein Fall, der gerade passiert ist, ein Flüchtling einen Ladendiebstahl begeht, wird das natürlich strafrechtlich verfolgt. Nicht jeder Flüchtling ist ein Engel, es gibt bessere und schlechtere Menschen unter ihnen. Wie bei uns allen auch.

Rundschau: Wo kommen die Gerüchte her?

Kühn: Schwer zu sagen. Was allerdings auffällt: Es sind sehr ähnliche Vorwürfe, die in unterschiedlichen Städten mit immer gleichlautenden Texten die Runde machen. Die Stadt jedenfalls bittet alle Bürger, solchen Gerüchten nicht zu glauben und sie erst recht nicht weiter zu verbreiten.

Rundschau: Wie ist die Stimmung bei Info-Veranstaltungen?

Kühn: Gerade lief eine in einem vollen Uellendahler Kirchsaal. 60 Prozent der Fragen gingen dahin, wie man helfen kann, 30 Prozent drehten sich darum, wie die Flüchtlinge, die zukünftig Nachbarn sein werden, denn überhaupt so leben. Und zehn Prozent der Fragen ließen Sorgen spürbar werden. Das finde ich gut. Hier muss man zuhören, klare Antworten geben, Ängste ernst nehmen. Bei vielen Fremden, die sozusagen direkt gegenüber einziehen, Sorgen zu haben, ist sehr verständlich. Wenn man dann aber miteinander spricht, bereitet man den Boden, auf dem Willkommens-Atmosphäre entstehen kann.

Rundschau: Glauben Sie, dass die Anschläge von Paris die Stimmung gegenüber Flüchtlingen verschlechtern?

Kühn: Nein. Dieser Terrorismus hat nichts mit den Flüchtlingen bei uns zu tun. Die zu uns kommen, fliehen ja gerade vor Terror, Gewalt und Krieg.

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