Frauenverband Courage „Wir lassen uns unsere Prinzipien nicht abkaufen“

Wuppertal · Sieben Jahre lang hatte der Frauenverband Courage um seine Gemeinnützigkeit gekämpft. Am 17. Januar 2020 fiel das erlösende Urteil: Das Finanzgericht Düsseldorf erklärt die Aberkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt Elberfeld für rechtswidrig. Redakteurin Hannah Florian ließ sich von Bernadette Leidinger-Beierle, Sprecherin im Bundesvorstand des Frauenverbands, die Hintergründe des Urteils erklären.

 Bernadette Ledinger-Beierle, Sprecherin im Bundesvorstand des Frauenverbands Courage.

Bernadette Ledinger-Beierle, Sprecherin im Bundesvorstand des Frauenverbands Courage.

Foto: Bernadette Leidinger Beierle

Rundschau: Frau Leidinger-Beierle, mit welcher Begründung wurde dem Frauenverband Courage im Jahr 2012 die Gemeinnützigkeit aberkannt?

Leidinger-Beierle: Wir bekamen am 14. Dezember 2012 auf der Rückseite des Körperschaftssteuerbescheids vom Finanzamt Elberfeld die Mitteilung: „Der Verein wurde im Verfassungsbericht 2010 als Vereinigung erwähnt, bei der es belegbare Hinweise für eine Einstufung als extremistische Vereinigung gibt. Dem Verein wird daher ab 2010 die Gemeinnützigkeit aberkannt.“ Grundlage ist der Absatz 3 des Paragraphen 51 der Abgabenordnung, wonach Vereinen, die der Verfassungsschutz als extremistisch einstuft, die Gemeinnützigkeit entzogen werden kann. Angeblich sollte so eine Handhabe gegen Rechtsextreme geschaffen werden. In der Praxis richtet er sich aber vorwiegend gegen fortschrittliche, regierungskritische oder antifaschistische Organisationen.

Rundschau: Wie erklären Sie die Einstufung als „extremistisch“ und den Vorwurf gegen den Frauenverband, der Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) nahe zu stehen?

Leidinger-Beierle: Offensichtlich machen wir uns schon dadurch verdächtig, dass wir keine Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegenüber der MLPD oder anderen linken Parteien und Organisationen haben. Der Frauenverband Courage ist überparteilich, bei uns kann jede Frau mitmachen, die unser Programm und unsere Satzung anerkennt. Aus der Tatsache, dass bei uns auch MLPD-Mitglieder mitarbeiten, dass wir am Internationalen Frauentag oder beim Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen mit vielen gemeinsam auf die Straße gehen – auch mit der MLPD, wurde eine „ideologische und personelle Verflechtung“ mit der MLPD gestrickt.

Rundschau; Nach fast acht Jahren Kampf um die Gemeinnützigkeit, wie kam es jetzt zu dem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 17. Januar 2020, der Entzug der Gemeinnützigkeit sei rechtswidrig?

Leidinger-Beierle: Dem ging ein langer Weg durch verschiedene Gerichtsinstanzen voraus, begleitet von einer breiten Öffentlichkeitsarbeit und Protestaktionen, bei denen wir viel Solidarität erfuhren. Entscheidend für das Finanzgericht Düsseldorf war das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom August 2018, das wir gegen den „Verfassungsschutz“ erstritten hatten. Wir hatten zunächst beim Verwaltungsgericht Düsseldorf und dann im Revisionsverfahren beim Oberverwaltungsgericht Münster gegen unsere Nennung im Verfassungsschutzbericht geklagt. Dieses Verfahren endete im August 2018 mit einem nicht zu unterschätzenden Erfolg. Die Passagen im Verfassungsschutzbericht NRW 2013, die behaupteten, der Frauenverband Courage sei eine „Vorfeldorganisation der MLPD“ oder gehöre zum „strukturellen Unterbau der MLPD“ oder sei maßgeblich von ihr beeinflusst, wurden als rechtswidrig beurteilt. In den Verfassungsschutzberichten 2018 wird Courage nicht mehr erwähnt, außer in Bayern.

Rundschau: Was bedeutet das Urteil für die künftige Arbeit des Frauenverbands?

Leidinger-Beierle: Zunächst muss das Urteil schriftlich ausgesprochen und rechtskräftig werden. Wir sind auch darauf eingestellt, dass das Finanzamt versuchen wird, in die nächste Instanz zu gehen. Wir wollen auf jeden Fall unsere Gemeinnützigkeit komplett zurück und werden weiter dafür kämpfen. Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit hat uns keine wesentlichen Spendeneinbußen gebracht. Alle, die für unsere Arbeit spenden, bekommen keine Spendenbescheinigungen, also auch keinen steuerlichen Abzug. Der Verband und seine Frauen beweisen in dieser Auseinandersetzung Mut, Hartnäckigkeit und Kampfgeist. Wir lassen uns unsere Prinzipien nicht abkaufen. Denn wir Frauen wollen vorwärts und nicht zurück.

Rundschau: Welche Ziele verfolgt der Frauenverband Courage und wie ist er organisiert?

Leidinger-Beierle: Wir sind ein bundesweiter, demokratisch organisierter Verband mit Sitz der Geschäftsstelle in Wuppertal und 52 Ortsgruppen. Die Ortsgruppe in Wuppertal hat 35 Mitgliedsfrauen. Wir setzen uns für volle Gleichberechtigung in Beruf, Bildung, Familie, Kindererziehung, Teilnahme am politischen, kulturellen und sozialen Leben ein, dafür, dass wir Frauen respektiert werden und unsere Emanzipation unterstützt wird. Zur Durchsetzung von Frauenrechten organisieren wir kämpferische Interessenvertretungen, helfen uns gegenseitig, fördern den Kulturaustausch und feiern zusammen.

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