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Hilfe für Obdachlose in Wuppertal: Engel auf Lastenrädern

Hilfe für Obdachlose : Engel auf Lastenrädern

Nachdem das Lebensmittel-Mobil der Tafel Mitte März Corona-bedingt den Betrieb vorübergehend einstellte, entschlossen sich Johanna Thomé, ihr Bruder Dean Blazevic und zwei weitere Helferinnen, Wuppertals Obdachlose auf eigene Faust zu versorgen. Mit Lastenrädern sind sie nun seit fast vier Monaten jeden Tag unterwegs. Im Gepäck: Speisen, Getränke und vor allem viel Herzenwärme für die Menschen.

Die Kantine der Wuppertaler Tafel schloss nach der letzten Speiseausgabe am 17. März ihre Türen. Auch das Lebensmittel-Mobil, das die „Platte“ in der Elberfelder Innenstadt täglich anfährt, stellte von da an wegen der Corona-Pandemie seinen Betrieb ein. Für viele Menschen in Wuppertal war und ist dies weiterhin ein großes Problem. Denn: Hat die Tafel geschlossen oder kommt der Tafel-Wagen nicht, fehlt ihnen eine feste warme Mahlzeit am Tag.

Als die Geschwister Johanna Thomé und Dean Blazevic davon mitbekamen, handelten sie sofort. „Wir können doch nicht einfach zusehen, wie Obdachlose, Hartz-4-Empfänger und Rentner mit geringem Einkommen in immer größere Not geraten. Die Stadt hat sich aus der Verantwortung gezogen und wir sind eingesprungen“, erklärt Johanna Thomé ihr Engagement. Und so sind die 26-Jährige, ihr Bruder und zwei weitere Helferinnen täglich auf Lastenrädern unterwegs und fahren Orte beziehungsweise Treffpunkte an, von denen sie wissen, dass sich dort bedürftige Menschen aufhalten. Ausgangspunkt für die Route ist immer das „Café Tacheles“ an der Rudolfstraße. Johannas Vater ist der Gründer des Vereins „Tacheles“, der Hartz-IV-Empfängern bei Konflikten mit dem Jobcenter hilft. „Daher rührt vermutlich auch mein Interesse für soziales Engagement. Für mich, meinen Bruder beziehungsweise unsere Familie ist Solidarität mit Schwächeren, Hilfesuchenden oder Bedürftigen von Haus aus selbstverständlich.“

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Von den Rädern bis hin zu den Mahlzeiten und Getränken organisieren die jungen Wuppertaler alles selbst. Die Lastenräder haben sie sich vom Foodsharing und den „Grünen“ geliehen, mit der Tafel kooperieren sie auch, bekommen dort Lebensmittelspenden. Rund 50 warme Portionen an Mahlzeiten liefert ihnen die Tafel täglich ab. Dazu kommen noch Kekse, Schokolade, Kaffee oder Joghurt und Obst. „Außerdem helfen uns auch noch sehr viele Privatleute mit Spenden. Für die ganzen Sachen benutzen wir den Lagerraum von Tacheles und auch die Küche, in der wir selbst ebenso Essen für die Menschen zubereiten. Gemeinsam mit dem Kinderschutzbund verteilen wir auch Klamotten“, so Johanna.

Doch das Engagement der jungen Leute geht weiter darüber hinaus, nur Spenden zu verteilen. Wir treffen Johanna und Dean an einem Nachmittag auf dem Kirchplatz in der Elberfelder Innenstadt. Noch während die beiden mit den Rädern angerollt kommen, rufen die auf sie wartenden Menschen: „Da sind ja unsere Engel auf Rädern.“ „Für uns ist es wichtig, dass wir mehr sind als nur welche, die Essen verteilen. Wir haben auch immer ein offenes Ohr für die Leute und quatschen mit ihnen“, sagt Johanna. Und das bemerkt man vor Ort. Die beiden „Engel auf Rädern“ wissen sogar, wer wie seinen Kaffee am liebsten mag, wer lieber Wurst- oder Käsebrot möchte. Sie erkundigen sich auch nach dem Wohlbefinden der Menschen.

„Was diese jungen Menschen leisten, ist unglaublich. Dafür sind wir sehr dankbar. Niemand sucht es sich einfach so aus, auf der Straße zu leben. Dass uns jemand nicht ignoriert, ist ein wirklich tolles Gefühl“, so Martin. Er „wohnt“ zurzeit vor der Kirche auf dem Kirchplatz und ist vom Betriebsstillstand des Tafel-Mobils betroffen.

Lange wird die Gruppe die Aktion aber nicht mehr tragen können. Verpflichtungen wie Studium, Schule und Job stehen bei den Helfern demnächst wieder. „Ab August können wir das leider nicht mehr machen. Das Sozialmobil der Tafel liefert zwar wieder ab Anfang August Lebensmittel aus, aber nur drei Mal pro Woche. Als ob die Leute an den restlichen Tagen keinen Hunger hätten. Es ist peinlich, dass die Unterstützung für die Ärmsten einfach wegbricht und eine Stadt wie Wuppertal da nichts macht“, sagt Dean. Und Johanna fügt hinzu: „Wir kriegen das mit paar Leute hin. Es ist lösbar mit Kleingeld. Warum schafft das die Stadt nicht?“

Auch wenn die beiden bald nicht mehr ihre täglichen Touren machen können, den Kontakt zu den Menschen auf der Straße möchten sie aufrecht erhalten und sie zwischendurch auch bisschen versorgen. „Wir haben ja auch Freundschaften geschlossen“, sagen Johanna und Dean.