Frust von der Seele schreiben

Der Hip-Hop im Tal und seine führenden Köpfe — die Rundschau stellt sie vor. Heute: "meelman"

 David Mehlmann ist „meelman“.

David Mehlmann ist „meelman“.

Foto: Florian Schmitz

Vor 14 Jahren an der Höheren Handelsschule in Barmen: Eine Lehrerin sucht einen Schüler, der beim Schulfest einen selbst geschriebenen Rap vorträgt. "Herr Mehlmann, Sie sind doch nicht auf den Kopf gefallen. Probieren Sie es doch mal", sagte die Lehrerin. David Mehlmann, damals 16, setzt sich zu Hause hin und schreibt seinen ersten Text. "Der war ganz okay, aber die Umsetzung auf der Bühne war natürlich die totale Katastrophe", erinnert er sich heute lachend. Trotzdem: Der Rapper "meelman" war geboren. Ein Zurück vom Rappen gab es für den Barmer nicht mehr.

"meelman" hat bis heute "geschätzt 300 Songs" aufgenommen. Ein Archiv, das der 30-Jährige sein "digitales Tagebuch" nennt. Seine Texte drehen sich um das, was ihn beschäftigt. Von der Liebe über die Arbeit bis zu gesellschaftlichen Missständen und dem Leben in Wuppertal. Er pflegt aber auch den Battle-Rap, die Kunstform, sich mit möglichst klugen und anspruchsvollen, manchmal aber auch einfach nur witzigen Wortspielen über einen Kontrahenten lustig zu machen. Die Reime kommen einfach aus ihm heraus. "Ich kann mich über die Musik einfach besser ausdrücken. Sich den Frust von der Seele zu schreiben, trifft es wohl am besten", sagt Mehlmann.

Dass er oft für einen meckernden Heimat-Rapper gehalten wird, liegt an seinem unbestrittenen Faible für Texte mit Wuppertaler Bezug. Und an einem Song, den er 2010 veröffentlicht hat, und auf den er heute noch angesprochen wird: "Wuppertal stirbt". Das Manifest eines jungen Mannes, der den Finger in die Wunden der Stadt legt. Das hat "meelman" nicht nur Lob eingebracht hat. Oberbürgermeister Jung verzichtete seinerzeit auf einen Dialog mit dem Rapper, weil dieser unangemessene Worte für die Stadtspitze gewählt hatte. "meelman" wurde in Talksendungen eingeladen und konnte für ein paar Monate von der Musik leben. Das Image des Nestbeschmutzers hängt ihm heute noch manchmal nach. "Dabei habe ich immer auch positive Songs über Wuppertal veröffentlicht", wehrt sich Mehlmann gegen die Schublade. "Lebenslang Schwebebahn" oder "Playing in the Rain" sind Songs, die jeder überzeugte Wuppertaler gehört haben sollte.

Auch wenn es sich 2010 so anfühlte, als wäre er ein Star, ist er nicht abgehoben. "Als erstes muss ich schauen, dass mein Kühlschrank voll ist", sagt er. Schule und Job statt Studioaufnahmen und in der Ferne winkende Charts. David Mehlmann beendete seine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann, arbeitet heute als Integrationshelfer in einer Wuppertaler Förderschule. Regelmäßig veröffentlicht er wie eh und je auf eigene Faust neue Alben, zuletzt "WupperTales — Kapitel 2" im Dezember.

So wird einer der am meisten unterschätzten Rapper wohl noch etwas weitermachen. Wie textet "meelman" in den letzten "WupperTales"? "Es heißt immer noch, Texte schreiben, rappen — Mic-Check, eins, drei, in der Schlafzimmerecke." Denn trotz des großen Erfolgs von zahlreichen deutschen Rappern in den letzten Jahren halten in Wuppertal nur ein paar wenige die Rap-Fahne hoch. "Vielleicht haben Veranstalter Angst vor der vermeintlichen Gangster-Rap-Klientel", kann auch "meelman" nur vermuten, warum es im Partykalender nur wenige einschlägige Events im Tal gibt.

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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