Offener Brief an OB Schneidewind „,Heimat‘ in der Bromberger Straße erhalten“

Wuppertal · Mehrere Gruppen, die seit vielen Jahren das inzwischen sanierungsbedürftige städtische Gebäude an der Bromberger Straße 28 genutzt gaben, setzen sich in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Uwe Schneidewind für den Erhalt ein. Der Wortlaut.

 Gruppenfoto der bisherigen Nutzerinnen und Nutzer.

Gruppenfoto der bisherigen Nutzerinnen und Nutzer.

Foto: Schwarz

„Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Schneidewind,

als ehrenamtlich engagierte Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt sind wir von einer Entscheidung betroffen, die am 26. Oktober 2021 im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit gefällt wurde. Es geht um den Stadtteil-, Gruppen- und Seniorentreff im Hause Bromberger Straße 28. Der Ausschuss lehnte einen Antrag auf Fortbestand, Sanierung und Weiterentwicklung des Hauses mit 8:8 bei einer Enthaltung ab. Rederecht zur Verdeutlichung unserer Anliegen wurde uns vom Ausschussvorsitzenden verwehrt.

Wie während der Sitzung berichtet wurde, gibt es den Beschluss über den Fortbestand und die Sanierung des Objekts bereits, gefasst vom Betriebsausschuss APH und KIJU am 20. April 2021. Danach sollte das Gebäude nach einem Wasserschaden zu Beginn dieses Jahres und folgender Schimmelbildung kurzfristig instandgesetzt und renoviert werden, um es wieder für unsere Aktivitäten nutzbar zu machen. Wie wir erfahren mussten, wurde die Verwaltung, insbesondere die zuständige Grundstückswirtschaft, bisher nicht tätig - trotz mehrmaliger Behandlung in den Ratsgremien und drängender Nachfragen aus unserem Kreis.

Damit wurde unsere ehrenamtliche Arbeit unmöglich gemacht; die Pentaton-Percussion-Schule geriet sogar in existenzielle Not; denn die künstlerisch Lehrenden und Lernenden sind auf diesen Raum zum Unterrichten in Präsenz angewiesen. Dies gilt umso mehr, als keiner der vielen potenziellen Alternativstandorte, die uns von der Verwaltung angeboten wurden, die Vorteile der Bromberger Straße 28 erfüllt, insbesondere in Bezug auf die Nutzungszeiten (uneingeschränkt an allen Wochentagen), die sehr gute ÖPNV-Anbindung, weitgehende Barrierefreiheit in mehreren Räumen. Darüber hinaus und für uns besonders wichtig, bietet die insulare Lage auch Gelegenheit zu künstlerisch-musikalischer Übung und Darbietung, ohne dass die Nachbarschaft gestört würde.

Als von der Entscheidung des Sozialausschusses unmittelbar Betroffene wenden wir uns an Sie, um Ihnen unser Anliegen zu verdeutlichen und die unbedingte Notwendigkeit zur weiteren Nutzung des Gebäudes zu betonen.

Wir – das sind in erster Linie der Bürgerverein Rott/Sedansberg mit vielen Aktivitäten zur Förderung der Kommunikation und des Zusammenhalts in der Stadtregion, die Pentaton-Percussion-Schule, die Seniorengruppe mit ihrem „Bürgerfrühstück“, das ehrenamtlich geleitete Projekt ZIEL (Zusammen in einem Land) zur Sprachförderung und Integration von russischsprachigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die Initiative ZWAR (zwischen Arbeit und Ruhestand) mit vielfältigen Begegnungsmöglichkeiten und weitere Initiativen, die zu einem großen Teil schon seit 16 Jahren die Räumlichkeiten der Bromberger Straße nutzen. Bei deren endgültiger Schließung können wir unsere Arbeit nicht fortsetzen.

Unsere Aktivitäten zielen darauf, das gesellschaftliche Leben im Stadtteil und darüber hinaus mit besonderen Akzenten zu fördern und damit vor allem der drohenden Isolation und Vereinsamung vieler Menschen in dieser Zeit entgegenzuwirken. Sie wären ohne unser zum Teil jahrzehntelanges ehrenamtliches Engagement einschließlich des damit verbundenen privaten finanziellen Aufwandes (z.B. Fahrtkosten/Parkgebühren, Sonderausgaben) nicht denkbar. Wir tun dies mit Herzblut und Leidenschaft, fordern aber auch von Ihnen als Oberbürgermeister der Stadt die Berücksichtigung der Erfordernisse für unsere Arbeit; und dazu gehört vor allem die räumliche Ausstattung!

Es ist äußerst verstörend, wenn sich die Stadt in den Medien als Retterin der künstlerisch Tätigen und des Ehrenamtes inszeniert, sich jenseits der Öffentlichkeit aber als bürokratisch unsensibel erweist, sogar die Existenz von Künstlerinnen und Künstlern aufs Spiel setzt und Scharen von älteren Menschen sowie andere Aktive bewusst vor die Tür setzt.

Welche negative Wirkung für das bürgerschaftliche Zusammenleben befürchtet werden muss, haben wir in den letzten 18 Monaten erfahren müssen. Am Beispiel ZIEL heißt dies, dass die meisten unserer russischsprachigen Mitglieder in den Lockdown-Zeiten ganz auf sich zurückgeworfen wurden, wegen der eingestellten Sprachförderung Gefahr laufen, einen Teil ihrer Deutschkenntnisse zu verlieren und mit psychischen Folgen wegen mangelnder Sozialkontakte zu kämpfen haben.

Wir bitten Sie daher und fordern Sie auf, unsere jahrelange ,Heimat‘ in der Bromberger Str. zu erhalten und sie weiterhin für soziale Zwecke zur Verfügung zu stellen.

Mit freundlichen Grüßen
die auf Sie vertrauenden Organisationen und Privatpersonen:

Rotter Bürgerverein 1902
Seniorengruppe (u.a. Bürgerfrühstück)
Pentaton-Percussion-Schule
ZIEL - Zusammen in einem Land
ZWAR – Zwischen Arbeit und Ruhestand“

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