Wichtigeres zu tun

Betr.: Forderung nach Umbenennung der Agnes-Miegel-Straße, Leserbrief, 22. April

Diese Diskussion hatten wir bereits wegen der Lettow-Vorbeck-Straße. Jetzt also die Agnes-Miegel-Straße. Was kommt als nächstes?

Die Umbenennung der Hindenburgstraße (hat Hitler bekanntlich zum Reichskanzler ernannt)? Danach das Briller Viertel: Bismarckstraße, Moltkestraße, Roonstraße. Nachfolgend noch ein paar Straßennamen: Belle-Alliance-Straße, Bülowstraße, Clausewitzstraße, Düppeler Straße, Falkenhaynstraße, Gneisenaustraße, Haeselerstraße, Kaiser-Wilhelm-Allee, Lützowstraße, Manteuffelstraße, Schlieffenstraße, Sedanstraße, Tannenbergstraße, Von-der-Tann-Straße, Wilhelmstraße, Wrangelallee.

Unsere Geschichte besteht nicht nur aus den unsäglichen zwölf Jahren der Nazi-Herrschaft und den von diesen begangenen Verbrechen. Diese sind einzigartig und dürfen weder vergessen werden, noch sich jemals wiederholen. Es ist aber unerträglich, die deutsche Geschichte nur auf diesen Zeitraum zu reduzieren. Hinzu kommt, dass man die Geschichte nicht aus dem Blickwinkel der heutigen Zeit betrachten kann, sondern schon die damaligen Umstände und Zeiten berücksichtigen muss.

Es käme auch niemand auf die Idee, eine Gerhard-Hauptmann- oder Gustav-Gründgens-Straße umzubenennen, obwohl beide den Nazis positiv gegenüberstanden beziehungsweise von diesen profitiert haben.

Mich nervt diese Geschichtsreduzierung auf zwölf dunkle Jahre unter dem Deckmantel der "Political Correctness".

Und ich möchte anmerken: Ich habe mit völkischem oder rechtem Gedankengut nichts am Hut und bin der Meinung, dass man jeden Radikalismus, sei er rechts oder links, bekämpfen muss.

Das macht man aber nicht mit ewig wiederkehrenden Diskussionen über die Umbenennung von Straßen und Plätzen. Ich finde, wir haben Wichtigeres zu tun.

Frank Erlenkötter, Waisenstraße

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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