Briefe von Leserinnen und Lesern „Ein Imperialist von den Südhöhen“

Wuppertal · Betr.: Artikel „Hardt: ,Holpriger Start ausgebügelt, Aufgaben sind enorm‘“, Rundschau online am 6. Mai 2025

Symbolbild.

Foto: Rundschau

Spätestens sein Auftritt bei Markus Lanz am 14. Mai sollte den werten Mitbürgern des Wahlkreises Solingen-Remscheid-Wuppertal II einen Eindruck über die Realitätsferne ihres Direktmandatsträgers Jürgen Hardt gegeben haben. Eher selten in solchen Sphären unterwegs, wusste er die Bühne des Zweiten Deutschen Fernsehens als gefügiger außenpolitischer Sprecher der Union für die Propagierung ihrer Ideologie medienwirksam zu nutzen.

Hardt erklärte den Einsatz harter militärischer Mittel gegen Hamas und Palästinenser für unvermeidlich und möchte der Regierung Netanjahu weitere Waffen aus Deutschland zur Verfügung stellen. Dass Israel derzeit eine Politik der Aushungerung gegen die Bevölkerung Gazas betreibt, erkennt er zwar (mit Vorbehalt) an und verurteilt dies, scheint jedoch intellektuell nicht in der Lage oder nicht willens zu sein, den Zusammenhang zwischen „unserer Unterstützung“ Israels und diesem Kriegsverbrechen herzustellen.

Die von der Union und den anderen „Parteien der Mitte“ ausgerufene Staatsräson, wie Hardt sie auf seiner Webseite am 11. Mai nochmals bekräftigte, stellt eine Täter-Opfer-Umkehr in der Betrachtung dieses Konflikts dar, die entgegen unserer Verantwortung aus dem Nationalsozialismus steht und die Durchführung des derzeit stattfindenden Genozids an den Palästinensern billigt.

Denn die rechtsradikale Netanjahu-Regierung steht an der Spitze eines Staats, der schon längst jegliche demokratischen Ideale über Bord geworfen hat und seit seiner Gründung für aggressive Siedlungspolitik und bewaffnete Angriffe auf Zivilbevölkerung steht – das Gegenteil irgendeiner, so oft von Unionsmitgliedern wie Hardt herbeigesinnten, internationalen Ordnung.

Das Recht der Bevölkerung Israels auf eine souveräne, demokratisch gewählte Volksvertretung sowie Zusicherung eines unantastbaren Gebietes – in der heutigen, kapitalistisch-imperialistischen Welt als „Staat“ verstanden – steht völlig außer Frage. Für den Schutz jüdischen Lebens, den Schutz der Glaubens- und Religionsfreiheit muss auf aller Welt konsequent eingetreten werden – das steht ebenfalls völlig außer Frage.

Bei einem Angriffskrieg einer vom Westen hochgerüsteten Kolonialmacht, die über Atomwaffen verfügt und sich auf einen in jeglicher Hinsicht unterlegenen Gegner stürzt, geht es nicht um den Schutz von Leben oder zivilisatorischen Errungenschaften und Menschenrechten, sondern einzig und allein um die fanatischen Bestrebungen Netanjahus, seines ideologischen Dunstkreises und des imperialen Westens der aus ökonomischen Beweggründen eine Vorherrschaft Israels vom Jordan bis zum Levantinischen Meer statt einer völkerrechtlich legitimen Lösung (Zwei-Staaten-Lösung) bevorzugt.

Wer sich angesichts dieser Umstände für weitere Waffenlieferungen an Israel einsetzt, dem scheinen Empathie und Achtung von Menschenrechten im Lobbyistengewimmel von Berlin verloren gegangen zu sein. Jürgen Hardt, ein Imperialist von den Südhöhen.

Tom Behling

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