Leserbrief Problematisches Verhältnis zur Realität

Betr.: BUGA-Entscheidung

 Leserbrief an die Wuppertaler Rundschau: redaktion@wuppertaler-rundschau.de

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Foto: Rundschau

„Zu spüren, was die Stadt kann, wenn Beweger zusammenarbeiten, ist faszinierend“, so ein erster Kommentar von Uwe Schneidewind zum Ergebnis des Bürgerentscheids. Immer wieder schafft es der Wuppertaler Oberbürgermeister, den manche aufgrund solcher Sätze für charismatisch halten, zu zeigen (in diesem Fall sogar mit einem einzigen Satz), dass er ein problematisches Verhältnis zur Realität und wenig politisches Gespür hat.

Um eine knappe Mehrheit von 51,8 Prozent zu erlangen, bedurfte es auf seiten der Befürworter der Finanzierung der Machbarkeitsstudie mit Geldern aus der Wirtschaft, eines als Mittler zur Wirtschaft fungierenden, finanziell komfortabel aufgestellten Fördervereins mit einem Werbeprofi an der Spitze, der Zusage einer Teilfinanzierung der kommunalen Kosten im Umfang von 240.000 Euro jährlich durch eben diesen Förderverein sowie des Versprechens, weitere signifikante Beträge aus der Wirtschaft einzuwerben, einer Werbekampagne inklusive Werbeclip und einer ganzen Reihe von Veranstaltungen bis hin zum „Straßenwahlkampf“ mit Autofahrerinnen und Autofahrern als Zielgruppe.

Nicht vergessen werden sollte auch, wie die Hauptakteure versucht haben zu überzeugen: Von OB Uwe Schneidewind wurde das Bürgerbegehren als Lackmus-Test für die Frage bezeichnet, ob die Mitgestaltungswilligen noch in der Mehrheit seien, die Gegner einer BUGA-Bewerbung wurden von ihm in die Nähe von Politikverdrossenen und Corona-Protestlern gerückt. Der Vorsitzende des Fördervereins empörte sich öffentlich darüber, dass auch Menschen in der Altersgruppe Ü60, in der er einen hohen Anteil BUGA-Gegner vermutete, abstimmen dürften, obwohl diese mit den Konsequenzen ihrer Entscheidung weniger lange leben müssten als die jüngeren Altersgruppen. Aber auch die Initiative „BUGA so nicht“ war nicht faul und versuchte sich als Verbreiterin von Fake News zu den Folgen einer BUGA in Wuppertal für die Sportförderung durch die Stadtsparkasse.

Offensichtlich hat der vor allem im populistischen Lager gepflegte neue Kommunikationsstil auch in Wuppertal seine Spuren hinterlassen.

Unabhängig davon kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Karten zwischen den Vertretern der beiden zur Abstimmung stehenden Positionen ungleich verteilt waren. Stellt man dies und die große Kraftanstrengung, derer es auf seiten der Befürworter bedurfte, in Rechnung, kann man das erzielte Ergebnis zwar als rechnerischen, aber keineswegs als politischen Erfolg werten.

Bei diesem Einwand geht es nicht um die beliebte Rechnung, in der das Abstimmungsergebnis ins Verhältnis zur Wahlbeteiligung gesetzt wird, um so dessen Legitimität in Frage zu stellen. Nimmt man das Ergebnis ernst, erkennt man das Bild einer „gespaltenen“ oder vielleicht besser, noch unentschiedenen Stadtgesellschaft. Verantwortungsvolle politische Akteure, die tatsächlich das Gemeinwohl im Blick haben, würden in dieser Situation sehr wahrscheinlich von der aktuellen BUGA-Planung zurücktreten. Dafür spräche auch die vom Kämmerer angekündigte weitere Verschlechterung der finanziellen Situation der Stadt. Dies wäre keineswegs eine generelle Entscheidung gegen eine BUGA. Möglich wäre natürlich eine andere BUGA zu einem späteren Zeitpunkt.

Allerdings wäre eine solche Forderung angesichts der Verlockungen in Gestalt öffentlicher Fördergelder, die demnächst nach Wuppertal gelenkt werden können, wohl naiv. Aus Sicht der Sponsoren aus der Wirtschaft lassen sich für die Marketingmaßnahme „BUGA 2031“ durch den Einsatz überschaubarer Mittel um ein Mehrfaches höhere Beträge aus den Steuertöpfen hebeln.

Ob die von der Stadt und (interessanterweise) auch von dem wirtschaftliche Einzelinteressen vertretenden Förderverein zugesagte umfangreiche Bürgerbeteiligung zustande kommen wird, bleibt unter anderem aufgrund verschiedener Limitierungen abzuwarten. So kann sich beispielsweise durchaus herausstellen, dass man auf die zuletzt mit Fragezeichen versehene Hängebrücke (doch) nicht verzichten kann, weil nur sie die Besucherzahlen, die für die wirtschaftliche Machbarkeit der BUGA erforderlich sind, zu gewährleisten verspricht. Auf jeden Fall gespannt sein darf man auf die alternativen Bausteine, die von der Verwaltung erarbeitet werden sollen.

Übrigens: Einige der glühenden Verfechter einer BUGA 2031 sind sozusagen alte Bekannte, die man noch als ebenso glühende Verfechter einer Seilbahn zwischen Hauptbahnhof und Küllenhahn im Gedächtnis hat und von denen einige nun auf der Liste der Gründungsmitglieder des Fördervereins zu finden sind. Damals wurde nicht selten argumentiert, ob die Seilbahn für das Problem zu geringer Beförderungskapazitäten im ÖPNV zwischen Hauptbahnhof und Bergischer Uni die nachhaltigste und verkehrsplanerisch beste Lösung darstelle, sei doch letztlich nicht so wichtig, wenn denn nur in Wuppertal überhaupt mal etwas geschehe, was der Stadt Aufmerksamkeit verschaffe und ihr Image verbessere.

Nun endlich soll etwas geschehen. Auf jeden Fall sind die Befürworter der BUGA-Bewerbung keine Miesepeter und sehen positiv in die Zukunft. So wird das Bild spontanen Jubels im „Corporate Outfit“ bei der Wahlparty im Elba-Zukunftswerk noch lange im Gedächtnis bleiben.

Georg Wilke

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