Leserbrief Teuer erkaufter Pyrrhus-Sieg

Betr.: BUGA-Entscheidung

 Leserbrief an die Wuppertaler Rundschau: redaktion@wuppertaler-rundschau.de

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Foto: Rundschau

Der denkwürdige Ausgang des Bürgerentscheids wird von seinen vermeintlichen Gewinnern, frenetisch gefeiert, allen voran von der Partei Die Grünen, die es nach ihrem Selbstverständnis nun eigentlich besser wissen sollte.

Im Schulterschluss von Politik und finanzkräftigen Wirtschaftspotentaten der Region, die sich unter Führung des Wuppertaler Unternehmers Holger Bramsiepe zum „Förderverein BUGA“ zusammengeschlossen haben, berauschen sich die Befürworter an ihrer hauchdünnen Stimmenmehrheit von 3.300 Stimmen. Mit im Boot auch die Clees-Gruppe, wenn man an das Areal um den ehemaligen Lokschuppen hinter dem Vohwinkeler Bahnhof denkt.

Die schmale Mehrheit von 3.300 Stimmen wurde nur unter Einsatz großer finanzieller, öffentlichkeitswirksamer Mittel erreicht, worüber die rein ehrenamtliche Bürgerinitiative „Buga-So-Nicht“ selbstverständlich nicht verfügte. Von gleichen Ausgangsvoraussetzungen kann also keine Rede sein.

Was zudem geflissentlich „übersehen“ wird und noch schwerer wiegt, ist die tiefe Spaltung der Bürgerschaft, für die das Abstimmungsergebnis repräsentativ steht und deren Spätwirkungen uns alle noch beschäftigen werden.

Im Übrigen ist mit dem Ergebnis der Abstimmung noch lange nicht ausgemacht, wie die Wuppertaler Bürgerschaft tatsächlich zu den riskanten und in ökologischer Hinsicht mehr als fragwürdigen Plänen der hochglanzpolierten Machbarkeitsstudie steht, die das Suffix „Studie“ kaum verdient.

Vermutlich niemand würde etwas gegen eine vom Bund geförderte Gartenschau einzuwenden haben, bei der es sich im wahren Sinn um eine Gartenschau handelt, in der, bezogen auf das gesamte Stadtgebiet, Stadtbegrünung und ökologisch sinnvolle Projekte zur Steigerung der Aufenthalts- und Lebensqualität, beispielsweise entlang der Wupper, im Zentrum stünden. Leider ist es in diesem Fall anders, denn die Machbarkeitsstudie hebt vorrangig darauf ab, die Spaßgesellschaft mit groß angelegten Mega-Projekten zu bedienen. Es muss „die längste Hängebrücke in Europa“ sein und eine völlig unnütze Seilbahntrasse durch ein gewachsenes Naturschutzgebiet geschlagen werden, wofür ein über 100-jähriger Baumbestand problemlos geopfert werden soll. Was aus derartigen, millionenschweren Großprojekten am Ende der zumeist kurzen Show wird, mögen die zahlreichen „lost places“ (Sprungschanzen, Stadien, verfallene Olympische Dörfer) verdeutlichen, die als Nebenprodukt in schöner Regelmäßigkeit der Nachwelt hinterlassen werden.

Die Halbwertzeit der geplanten „Mega-Events“ der Superlative, für die dem Etikett nach eine Gartenschau herhalten soll, wird voraussichtlich die Halbwertzeit der Billigkleidung, wie sie von den in Wuppertal reichlich präsenten Kaufpalästen herausgeschmissen werden, nur marginal überschreiten, um danach auf Kosten der Stadt zu Millionengräbern zu verrotten.

Wir amüsieren uns zu Tode – aus Mangel an Urteilskraft. Was Neil Postman bereits Mitte der 80er Jahre prophezeite, ist angesichts der heutigen Weltlage erschreckend tagesaktuell geworden. Für ein ungebrochenes Trotz-Allem-Weiter-So steht im Gegensatz dazu das, was nun ratsamtlich für Wuppertal umgesetzt werden soll.

Anstatt die Chance zu nutzen, Wege und Möglichkeiten zu tatsächlich nachhaltigen Lebensgrundlagen als Gebot der Stunde zu schaffen, lautet das kaschierte Motto: Spaßgesellschaft um jeden Preis.

Die Pro-BUGA-Gemeinde mag jubeln über ihren „Sieg“. Noch nicht klar scheint den Protagonisten zu sein, dass es sich bei ihrem Triumph um einen Pyrrhus-Sieg handelt, der auf uns alle kraftvoll zurückschlagen wird, sollte das Projekt unter intensiver und tatsächlich erwünschter Beteiligung der Bürgerschaft nicht grundlegend neu konzipiert und mit einer nachhaltigen, ökologisch auf die Zukunft gerichteten Perspektive für die gesamte Stadt auf die Füße gestellt werden.

Armin Brost

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