Verdis „La Traviata“ live in der Stadthalle Mehr Pianissimo wagen!

Wuppertal · Verdis Erfolgsoper „La Traviata“ kann man jetzt endlich live erleben – als konzertante Aufführung in der Stadthalle.

 So könnte der Chat zwischen Violetta Valéry, der „Traviata“, und ihrem Hausarzt ausgehen haben, vermutet das Projekt „Share Your Opera“, das solche Dinge während der Aufführung aufs Smartphone schickt. Ob das zum Verständnis der Oper wirklich hilft? Übrigens: Opernfreunde wissen natürlich, dass Violetta sich nicht an die Ratschläge des Mediziners halten wird.

So könnte der Chat zwischen Violetta Valéry, der „Traviata“, und ihrem Hausarzt ausgehen haben, vermutet das Projekt „Share Your Opera“, das solche Dinge während der Aufführung aufs Smartphone schickt. Ob das zum Verständnis der Oper wirklich hilft? Übrigens: Opernfreunde wissen natürlich, dass Violetta sich nicht an die Ratschläge des Mediziners halten wird.

Foto: Stefan Schmöe

Ganz schön laut kann’s werden, wenn die Oper in die Stadthalle umzieht. Verdis „La Traviata“ war im Sommer schon als Stream zu sehen, aufgezeichnet im seinerzeit leeren Großen Saal und mit Julia Jones am Dirigentenpult.

Jetzt wird die Live-Premiere vor Publikum endlich nachgeholt, und der Zeitpunkt ist wieder nicht richtig günstig: Im Opernhaus kann wegen der Hochwasserschäden nicht gespielt werden, und die Stadthalle bleibt an diesem Premieren-Abend leider viel zu leer. Die düstere Corona-Lage mag so manchen Opernliebhaber vom Besuch abgehalten haben. Dabei gibt es ein großartiges Ensemble zu hören.

Allen voran Ralitsa Ralinova in der Titelpartie, deren strahlender, zupackender Sopran auch im Piano noch den letzten Winkel der Stadthalle füllt und das sicher auch noch täte, wenn sie die Stimme noch mehr zurücknähme. Natürlich nimmt man der grandiosen Stimme wie schon im Stream keine Sechzehntelnote lang die Schwindsucht ab, die der Figur letztendlich den Bühnentod bereitet.

Über einen kraftvollen Tenor hat Sangmin Jeon, der ihren Liebhaber Alfredo gibt, ja schon immer verfügt; die Stimme ist noch ein wenig „runder“ und eleganter geworden. Simon Stricker als gestrenger Vater Alfredos ist eine solide Besetzung; etwas reduzierte Dezibelwerte kämen ihm sicher entgegen.

Auch die Nebenrollen sind gut besetzt, und der klangprächtig auftrumpfende Opernchor (Einstudierung: Markus Baisch und Ulrich Zippelius), vor dem Orchester im Saal platziert, wo sonst die ersten Stuhlreihen stehen, gibt alles, und das ist viel. Lustig, wie die Herren beim ersten Auftritt von rechts mit Masken, die Damen von links ohne Masken aufmarschieren, aber so durcheinander sind die Pandemie-Zeiten eben.

Unter dem Dirigat des neuen Kapellmeisters Johannes Witt geht es weniger streng zu als unter Julia Jones, aber auch wenier sorgfältig durchgestaltet. Die Chorszenen, das Trinklied im ersten Akt, alles schwungvoll und schmissig – die Tragik bleibt eher vordergründig. Witt begleitet die Sänger ohne allzu großes Risiko, lässt sie tolle Arien und Duette singen.

Wem das nicht reicht, der kann zwischendurch auf sein Smartphone starren und im Rahmen des Projekts „Share Your Opera“ lesen, was die Protagonisten der Geschichte wohl an Belanglosigkeiten im WhatsApp-Chat zur momentanen Befindlichkeit von sich gegeben hätten. Das soll wohl das junge Publikum ansprechen, das an diesem Abend allerdings woanders zu sein scheint als in der Stadthalle.

Zurück zum Dirigenten: Der könnte den Sängerinnen und Sängern ruhig vorschlagen, alles eine Nummer leiser zu gestalten. Trotzdem eine tolle Aufführung. Das Smartphone kann man getrost ausschalten.

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