Kommentar zum Start der Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) Poststraße Sehnsucht nach dem Glanz von früher

Wuppertal · Wenn alte oder älter werdende Leute nörgeln, dass früher alles besser war, kann das nerven — und stimmt auch (fast immer) nicht. In Sachen Poststraße aber trifft es den Nagel auf den Kopf. Ich weiß, wovon ich rede: Geboren 1962, bin ich von 1965 bis 1986 in der Poststraße aufgewachsen — und meine Mutter wohnt noch immer dort.

 Redakteur Stefan Seitz ist in der Poststraße aufgewachsen.

Redakteur Stefan Seitz ist in der Poststraße aufgewachsen.

Foto: Osswald

Die Innenstadt-Herzstück-Straße war "zu meiner Zeit" ein mit facettenreichem und hochwertigem Einzelhandel eng bestücktes Pflaster.

Das ist lange her — und schon längst nicht mehr der Fall. Obwohl in der Poststraße als 1A-Lage immer noch die höchsten City-Mieten verlangt werden, bietet sie (auch wenn sich an manchen Punkten das eine oder andere verbessert hat) einen traurigen und in Sachen Handy-Shops & Co. stets gleichförmigen Anblick.

Darum ist es ein mit großem Applaus zu begrüßendes Ereignis, dass jetzt die schon seit Anfang 2015 geplante Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) Poststraße, die außerdem noch die Alte Freiheit und den Kerstenplatz umfasst, offiziell an den Start gegangen ist. Das Beispiel Barmen, wo es eine solche ISG für den Werth schon seit Jahren gibt, und wo viel Positives passiert ist, hat endlich auch im Herzen von Elberfeld gewirkt. Allerhöchste Zeit, möchte man sagen, denn mit dem neuen Döppersberg wird die Poststraße als Top-Lauflage noch wichtiger werden als sie es bisher war.

Die Gestaltung der Freiräume, die Beleuchtung und die Frage attraktiver(er) Fassaden werden zuerst im Fokus stehen. Viel, sehr viel, ist da zu tun. Dass 34 Immobiliengrundstücksbesitzer mit im Boot sind und 85 Prozent aller Poststraßen-Immobilieneigner der ISG (an der sie sich — NRW-gesetzlich geregelt — finanziell beteiligen müssen) zugestimmt haben, ist ein sehr gutes Zeichen. Im ersten Schritt steht über eine Million Euro zur Verfügung, um die Straße optisch aufzuwerten. Und das hat sie wahnsinnig dringend nötig.

In der gemeinsamen Stadt- und ISG-Pressemitteilung, die zur Vertragsunterzeichnung am Montag veröffentlicht wurde, heißt es: "Leerständen und nicht standortgerechten Nutzungen von Ladenlokalen soll entgegen gearbeitet werden, die Aufenthalts- und Erlebnisqualität der Straße gesteigert werden." Es geht um Image- und Profilverbesserung sowie um das Erwirtschaften höherer Mieten plus die Werterhaltung der Immobilien auf längere Sicht. Viel Erfolg — von Herzen!

Aber wenn die Mieten steigen sollen und nur die immer gleichen Handy & Co.-Ketten (die ja wohl mit "nicht standortgerechten Nutzungen von Ladenlokalen" gemeint sind) sie bezahlen können, dann frage ich mich: Welche Chancen werden außergewöhnliche, andere, besondere Geschäfte in der Poststraße der Zukunft haben? Ich bin gespannt. Dieser Weg wird kein leichter sein ...

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