Kommentar zum Pina-Bausch-Zentrum Offen und für alle – so muss es werden!

Wuppertal · Der Architekturwettbewerb fürs Pina-Bausch-Zentrum (PBZ) mit 20 nationalen und internationalen Büros läuft. Die Spannung wächst, welche Entwürfe es geben wird – und wer die nächste Runde mit dann nur noch acht Teilnehmern erreicht.

Das ehemalige Schauspielhaus wird zum Pina-Bausch-Zentrum.

Das ehemalige Schauspielhaus wird zum Pina-Bausch-Zentrum.

Foto: Wuppertaler Rundschau / sts

Das ist die eine, die optische Seite des in der nächsten Zukunft bedeutendsten Projektes in Wuppertal.

Die andere Seite ist etwas, das man jetzt noch längst nicht sehen kann, das aber mindestens genauso wichtig ist: Die Antwort auf die Frage, wie das Pina-Bausch-Zentrum, wenn es „Pi mal Daumen“ 2027 fertig ist, so in der Stadt verankert wird, dass die „Kulturinsel Kluse“, auf der es steht, nicht zur exklusiv-einsamen Insel für wenige wird, die sich (Hoch-)Kultur (zu-)trauen.

Stadtdirektor Johannes Slawig, der Ende des Monats in Ruhestand geht und über Jahre hinweg der vielleicht wesentlichste Motor für das Zustandekommen des Pina-Bausch-Zentrums gewesen ist, hat es in der Sitzung der städtischen PBZ-Kommission am 20. September mit wenigen Worten auf den Punkt gebracht: „Das Zentrum wird nur funktionieren, wenn es für die ganze Stadt offen ist.“

Mit diesem kurzen Statement hat Slawig recht – und ein Ziel formuliert, das unbestreitbar auf der Hand liegt, aber keineswegs einfach zu erreichen ist. Wenn das PBZ „nur“ aus Tanztheater, Pina-Bausch-Foundation und internationaler Produktionsstätte für Gast-Ensembles besteht, wird es trotz seiner internationalen Bedeutung der Mehrheit der Menschen in Wuppertal fremd bleiben – und unerreichbar.

Deswegen hat PBZ-Facette Nr. 4 – das für Stadtgesellschaft und freie Kulturszene offene „Forum Wupperbogen“ – so eine große Bedeutung. Was dieses „Forum Wupperbogen“ eigentlich sein und wie es gestaltet werden soll, war lange Zeit rätselhaft – und ist es noch. Offenbar aber hat der Besuch einer Stadt-Delegation im Kulturzentrum „Viernulvier“ der belgischen Stadt Gent jetzt den Nebel etwas gelichtet. Das „Viernulvier“ zählt zur Liste der wichtigsten Produktionszentren für zeitgenössischen Tanz und Theater sowie für interdisziplinäre Formate und junge Kunst. Und es werden sowohl international hochkarätige Produktionen als auch Akteure der Stadtgesellschaft eigenverantwortlich in die Programmgestaltung eingebunden.

Klingt einfach und einleuchtend. Ist aber ein dickes Brett. Man hat in Gent den Gästen aus Wuppertal nicht verheimlicht, dass es lang dauerte und mit vielen Reibungen verbunden war, bis diese Struktur rund lief. Das heißt fürs PBZ, dass Stadtverwaltung, Tanztheater, Pina-Bausch-Foundation und freie Szene erstens von ihren üblichen Vorbehalten und zweitens von ihren üblichen Verfahrensweisen ein Stück weit abweichen und abstrahieren müssen. „Loslassen und vertrauen“, so hat man in Gent den Wuppertalern gesagt, sei der Schlüssel zum Funktionieren von „Viernulvier“ gewesen. Klingt einfach und einleuchtend.

Wer aber ehrlich ist, gibt zu, dass „loslassen und vertrauen“ schon im Privat- beziehungsweise Familienleben sehr, sehr schwierig ist. Um wie viel schwieriger dann erst, wenn Verwaltungs- und Selbstverwaltungsstrukturen miteinander im Boot sitzen ...

Im „Viernulvier“ gibt es Gastronomie und jede Menge unterschiedliches Programm. Man geht offenbar dorthin, um sich etwas anzuschauen, aber auch, um sich einfach mit anderen zu treffen.

Wenn es in Wuppertal gelingt, das PBZ so zu formen, dass es selbstverständlich als Treffpunkt-Angebot für alle funktioniert – um Tanztheater zu sehen, Kunstausstellungen, Live-Musik, freies Theater, Performances und/oder einfach dort etwas gemeinsam zu essen und zu trinken –, dann hat die Stadt etwas Einzigartiges. Etwas, das Wuppertal wirklich verändert.

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