Kommentar zur Wuppertaler „Deutschland-Koalition“ Da kommen ziemlich interessante Zeiten

Wuppertal · Geht jetzt die Welt unter? Angesichts mancher Reaktionen auf die Stadtspitze-Personalpläne von SPD, CDU und FDP könnte man das meinen. Na ja. Ganz so schlimm wird’s nicht kommen.

Stefan Seitz.

Stefan Seitz.

Foto: Bettina Osswald

Mir ist in letzter Zeit, etwa seit der Amtsübernahme von Uwe Schneidewind, viel zu oft von frischem Wind die Rede gewesen, der jetzt endlich wehen müsse – und bestimmt auch bald wehen werde. Dann aber hat er doch nicht geweht. Jedenfalls nicht, dass mir das aufgefallen wäre.

Bei der aktuellen Konstellation und Situation, die wir zurzeit im Rathaus erleben, ist eines interessant: Dass man daran wie unter einem Brennglas sehen kann, wie Politik funktioniert. Und dass man, wenn man nicht weiß, wie Politik funktioniert – oder aber einem niemand sagt, wie Politik funktioniert beziehungsweise man denen, die es einem sagen, nicht zuhört – am Ende ziemlich alleine dasteht. Das wäre etwa die Beschreibung der aktuellen Situation von Oberbürgermeister Uwe Schneidewind. Eine Mehrheit hatte er schon zuvor nicht. Jetzt allerdings hat er eine Mehrheit gegen sich.

Ebenso interessant erscheint mir die offenbare Tatsache, dass die Wuppertaler CDU sich mit einem Dezernenten, nämlich Matthias Nocke für Kultur, Sport, Schutz und Ordnung, „zufrieden gibt“. Anscheinend gibt es null Diskussionen darüber, dass den Zugriff auf die personelle Besetzung der machtvollen Funktion eines Stadtkämmerers in Zukunft die SPD haben wird. Der Fels, den die Christdemokraten mit Johannes Slawig in der Stadtspitze hatten, ist damit Geschichte.

Dass die kleine FDP jetzt plötzlich wieder auf der Bühne steht und den neuen Dezernats-Sektor für Personal, Digitalisierung und Wirtschaft für sich in Anspruch nimmt, mag man überraschend oder meinetwegen auch empörend finden. Aber so funktioniert Politik. Wenn es um Mehrheiten geht, geht es auch um Verhandlungserfolge.

Wirklich interessant aber ist eine nur scheinbare Nebensache: Wer als neuer Dezernent oder Dezernentin ins Rathaus will, muss auch die städtische Findungskommission erfolgreich passieren. Bei der geheimen Wahl dieser Kommission während der letzten Ratssitzung (bei einer Enthaltung und einer ungültigen Stimme von insgesamt 77 Stadtverordneten) ist folgende Zusammensetzung herausgekommen: Die SPD hat zwei Sitze, die CDU einen, die Grünen zwei, FDP und Linke je einen.

Und: Stimmberechtigtes Mitglied der Kommission ist auch der Oberbürgermeister. Damit haben die beiden Lager, die in Sachen Dezernatsstruktur & Co. unterschiedlicher Auffassung sind (hier SPD, CDU und FDP, dort der OB, die Grünen und die Linken), jeweils vier Stimmen. Das nennt man Patt.

Ich bin sehr gespannt, welche Folgen diese scheinbar so kleine Facette wohl noch haben wird ...

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