Neues Konzept im Helios Uniklinikum Wuppertal Eltern im OP: Mit dabei, bis die Narkose wirkt

Wuppertal · Verängstigt und hilflos liegt das Kind auf dem Transportbett. Die Tür zum Operationsbereich öffnet sich. Geschäftigkeit in der OP‐Schleuse! Kaum Zeit zum Abschied: ein Streicheln über die Wange, noch ein paar tröstende Worte.

 Mutter und Kuscheltier erlaubt: Simone Krämer konnte ihre Tochter Amy Sophie bis in den Operationssaal begleiten, wo Anästhesie-Chefarzt Prof. Dr. Sebastian Russo für eine entspannte Atmosphäre vor Einleitung der Narkose sorgte. Von diesem neuen Konzept profitieren Kinder und Eltern.

Mutter und Kuscheltier erlaubt: Simone Krämer konnte ihre Tochter Amy Sophie bis in den Operationssaal begleiten, wo Anästhesie-Chefarzt Prof. Dr. Sebastian Russo für eine entspannte Atmosphäre vor Einleitung der Narkose sorgte. Von diesem neuen Konzept profitieren Kinder und Eltern.

Foto: Krauskopf

Narkoseärzte nehmen das Kind entgegen zur Vorbereitung auf den chirurgischen Eingriff. Ein letzter Blick hinterher. Die Tür schließt sich. Zurück bleiben die Eltern, mit bangem Gefühl. Nur getragen von der Hoffnung, dass schon alles gut gehen wird.

Die Trennung vor den Operationssälen ist für die Eltern und die noch wachen Kinder die wohl größte Herausforderung im Krankenhaus. Im Helios Universitätsklinikum Wuppertal wird dieser Moment entschärft und damit für alle Seiten erträglicher gestaltet. Die Eltern können ihr Kind fortan bis zum Einschlafen begleiten — nötigenfalls bis in den Operationssaal.

"Ich habe ihre Hand gehalten bis sie eingeschlafen ist. Erst dann wurde ich hinausbegleitet", sagt Simone Krämer, Mutter der fünfjährigen Amy Sophie. Bei einer Operation vor zwei Jahren waren Mutter und Kind noch an der Schleuse zu den Operationssälen getrennt worden. "Es ist schwer für eine Mutter, das Kind abzugeben, ohne zu wissen, was hinter verschlossenen Türen passiert", so Simone Krämer in der Rückschau. "Dieses Mal hatte ich während der OP ein viel besseres Gefühl. Meine Tochter war kurz vor dem Eingriff viele ruhiger und hat auch nicht geweint."

Das Konzept der Begleitung durch die Eltern hat der Chefarzt der Anästhesie, Prof. Dr. med. Sebastian Russo, von seiner früheren Wirkungsstätte in Göttingen mitgebracht. "Wir haben dort sehr gute Erfahrungen gemacht", so der Chefarzt. "Für uns als Anästhesisten bedeutet es zwar eine gewisse Umstellung, dass die Eltern zuschauen. Als Vater weiß ich aber, dass man Eltern und Kinder in einer für beide Seiten besonders angstbeladenen Situation nicht trennen darf. Und das verhindern wir bei uns ganz konsequent"

Bis hinein in den Operationssaal darf ein Elternteil das Kind begleiten. Dort wird die Narkose eingeleitet — wenn notwendig darf das Kind dabei auch auf dem Schoß des Vaters oder der Mutter sitzen. In den allermeisten Krankenhäusern in Deutschland ist diese Möglichkeit bislang so nicht gegeben. "Sobald das Kind schläft und eine Trennung dann möglich ist, begleiten wir das Elternteil hinaus", sagt Prof. Russo. Diese Regelung gilt grundsätzlich für alle Eltern und deren Kinder, die älter als ein halbes Jahr und jünger als 14 Jahre sind. Für die anderen Altersgruppen ist die Begleitung durch Eltern in besonderen Fällen möglich. Die Abstimmung erfolgt grundsätzlich über die Anästhesisten.

Als Mitglied des wissenschaftlichen Arbeitskreises Kinderanästhesie hat sich Prof. Russo schon über längere Zeit damit beschäftigt, wie sinnvoll die Begleitung des Kindes bis in den OP‐Saal ist. Eine Studie zeigt, dass sich die Elternpräsenz vergleichbar positiv auf das Angstniveau der Kinder niederschlägt wie der Einsatz des Medikaments Midazolam. Das ist ein Saft, der sich angstlösend und schlaffördernd auswirkt. Allerdings muss dieser Saft individuell richtig dosiert und zu einem optimalen Zeitpunkt verabreicht werden — leichte Abweichungen vom Ablauf, die immer vorkommen können, sind dann wenig hilfreich.

Der Saft kann zudem das Risiko eines Verwirrungszustandes nach der Operation erhöhen. "Diese Punkte machen für mich sehr deutlich, dass die Anwesenheit der Eltern die erheblich bessere Alternative ist", ordnet Prof. Russo ein. "Wenn die Strukturen es zulassen — und das ist bei uns im Haus der Fall ‐ können wir sogar ganz auf den Saft verzichten."

Prof. Russo stieß bei der Einführung des Konzeptes hier in Wuppertal auf große fach‐ und berufsgruppenübergreifende Unterstützung. Und so konnten Fragen der OP‐Organisation und der Hygiene schnell geklärt werden. Klare Regelungen waren gefragt, da die Operationssäle ein sehr sensibler Bereich sind. Das begleitende Elternteil muss zum Beispiel OP‐Kittel, OP‐Schuhe und einen Mund‐Nasenschutz tragen. Eine Händedesinfektion nach professioneller Anleitung ist Pflicht.

"Wir konnten bereits erste Erfahrungen sammeln", sagt Prof. Russo. "Es zeigt sich, dass die Eltern unsere notwendigen Vorgaben gerne akzeptieren. Für uns zählt, dass am Ende sowohl die Kinder als auch Väter und Mütter profitieren. Und das ist ganz klar der Fall."

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