Dönberg Von der Kunst, sich in der Kunst zu verlieren

Dönberg · „Wenn einem Menschen, in diesem Fall mir, das Zeichnen, die Malerei wichtiger sind als essen, schlafen, trinken, dann entwickelt sich ungewollt ein Künstlerleben. Es entsteht im Laufe der Jahre, kontinuierlich festgehalten, Zeichnung, Form und Farbe“, sagt Inge Hagedorn.

 Inge Hagedorn in ihrem wunderschön gelegenen Domizil am Dönberg.

Inge Hagedorn in ihrem wunderschön gelegenen Domizil am Dönberg.

Foto: nic

Wir besuchen die Wuppertaler Künstlerin in ihrem Atelier am Dönberg. Auf dem Dachstuhl des Einfamilienhauses hat die 85-Jährige einen herrlichen Ausblick über Felder und Wiesen. Hier lässt sie ihrem kreativen Schaffensdrang freien Lauf. An diesem Ort verbringt sie Stunden, Tage, Wochen und Monate und verliert sich dabei ganz in dem Moment. „Manchmal brauche ich eine Pause. Dann jogge ich oder lege mich auf meine Matratze im Atelier“, sagt sie. „Wichtig ist für mich immer, dass meine Bilder für den Betrachter im Entstehungsprozess nachvollziehbar sind und Sinn ergeben, auch in der Abstraktion. Kunst muss philosophisch, religiös und ethisch abgedeckt sein. Sie ist Wahrheit, Offenheit und Zeitgeist.“

Gemalt hat Inge Hagedorn schon immer – von Kindesbeinen an. Ihr Studium der Kunst in Düsseldorf, unter anderem bei Mitbegründer der Künstlergruppe ZERO, Otto Piene, absolvierte sie erfolgreich. Mehr als ein Jahrzehnt war sie Mitglied in unterschiedlichen Künstlergruppen wie der Bergischen Kunst­genossen­schaft Wupper­tal, der Künstler­gilde Esslingen und im Hagen­ring, Bund Bildender Künstler, Hagen. In dieser Zeit stellte Inge Hagedorn viel und deutschlandweit aus: 17 Einzelausstellungen stehen zu Buche. Dazu kommen noch 32 Gruppen­ausstellungen. Dann der Bruch: „Meine Arbeit bestand bis dahin aus Zeichnungen, Grafiken und Doppelglas-Objekten. Die Suche nach einem eigenen Malstil war Grund, in die Isolation zu gehen. Deshalb trat ich aus allen Künstlergruppen aus“, erinnert sie sich.

Zu den Arbeiten in dieser Zeit zählen Schnellzeichnungen aus den Proben des Tanztheaters Pina Bausch. „Durch die Tänzerinnen und Tänzer werden subjektive Empfindungen zum von Pina Bausch gestellten Thema in bewegte Emotionen im verdichteten Jetzt umgesetzt. Daraus entstehen im dunklen Zuschauerraum Mitschriften und Rhythmuszeichnungen“, beschreibt Inge Hagedorn ihre Werke.

 „Blitzschlag“ (Josef Beuys, 2021) von Inge Hagedorn.

„Blitzschlag“ (Josef Beuys, 2021) von Inge Hagedorn.

Foto: nic

Wieder ausgestellt hat Inge Hagedorn seit 1993 bis heute nicht. Der Grund: die Unabhängigkeit vom Kunstmarkt. Einsicht in ihr künstlerisches Schaffen bekommt man aber bei einem Blick auf ihre Homepage. Ab September wird die Homepage durch Staffel 4 ergänzt. Zu sehen sind Arbeiten von 1976 an: Menschenbilder, unter anderem  zum 100. Geburtstag von Joseph Beuys, Pina Bausch, Rainer-Werner Fassbinder, Max Frisch und auch ein Werk zum Selbstmord der amerikanischen TV-Moderatorin Christine Chubbuck vor laufender Kamera am 15. Juli 1974. Auf die Frage, mit welchen drei Wörtern sich Inge Hagedorn denn selbst beschreiben würde, antwortet sie: „Spontan, ehrlich und mutig.“

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