Fußball-EM 2021 WSV-Coach Mehnert: Ein Lob für Löws Kaderauswahl

Wuppertal · Björn Mehnert hat den Fußball-Regionalligisten Wuppertaler SV vom Abstiegsplatz ins gesicherte Mittelfeld geführt – und in den DFB-Pokal. Wie verfolgt der 44-Jährige die EM: als Fan oder Trainer?

WSV-Trainer Björn Mehnert (oben, re.) gewann mit seinem Team den Niederrheinpokal.

Foto: Dirk Freund

„Nein, nein“, lacht Mehnert, „wenn Deutschland spielt, bin ich auf jeden Fall Fan. Die anderen Spiele schaue ich aus einem etwas anderen Blickwinkel. Mich interessiert dann, ob und welche neuen Ideen es gibt. Das ist ja meist bei jedem großen Turnier so und eine spannende Sache für die eigene Arbeit.“ Doch – lässt sich das so einfach runterbrechen vom hochbezahlten Profifußball in die viertklassige Regionalliga? „Ja, natürlich nicht mit Blick auf die einzelnen Spieler, aber auf allgemeine Situationen wie etwa die Standards, die ja immer wichtiger werden.“

Mehnert rechnet mit einer offensiven Europameisterschaft. „Alle haben nach dieser langen Zeit ohne Fans wahnsinnig Bock. Es wird die Mannschaften beflügeln, endlich wieder was von den Rängen zu hören.“ Dass das Turnier auf 32 Teams erweitert worden ist, findet er dagegen nicht gut: „Das ist zu aufgebläht. Deshalb werde ich sicher auch nicht alle Partien ansehen. Ich bin da noch Nostalgiker. Ein Land und etwas weniger Teilnehmer wären besser. Aber die Situation spiegelt halt die Entwicklung in Europa wider.“

Der deutschen Nationalelf traut der ehemalige BVB-Spieler eine Menge zu. Und lobt Bundestrainer Joachim Löw für die Auswahl des Kaders. Der habe dabei viel richtig gemacht und eine gute Mischung gefunden. Auch die Rückkehr von Thomas Müller und Mats Hummels unterstützt Mehnert: „Sie bilden zusammen mit Manuel Neuer und Toni Kroos eine erfahrene Achse.“ Hinzu komme viel junge Qualität, beispielsweise durch Champions-League-Sieger Kai Havertz. Und: „Die Mannschaft ist in der Lage, verschiedene Systeme zu spielen – etwa mit einer Dreier- oder Viererkette oder zwei bzw. drei Stürmern.“

Auch die zuletzt viel gescholtene Abwehr passe mit Matthias Ginter, Hummels und Antonio Rüdiger. „Jerome Boateng ist ein Topspieler, aber die Zusammenstellung mit Blick auf Zweikampf und Spielaufbau ist so gut.“ Hätte er noch jemanden mitgenommen, den Löw nicht nominiert hat? „Marco Reus wäre in der Verfassung der vergangenen Wochen natürlich ein Thema gewesen, aber er hat ja selber entschieden abzusagen. Das ist verständlich, wenn der Körper nicht mitmacht. Es wäre interessant gewesen zu sehen, was er in einem Turnier bewirkt. Es hat ja nicht an vielen teilgenommen.“

Frankreich als Auftaktgegner – das ist eine hohe Hürde direkt zum Auftakt. „Die Offensive hat eine große Qualität und brutale Geschwindigkeit. Da wird es auf das Umschaltspiel ankommen“, findet der WSV-Coach. Dennoch glaubt er, dass Deutschland die Vorrunde übersteht: „Zusammen mit Frankreich. Und einer von beiden wird auch das Finale erreichen.“ Als weitere Halbfinalisten sieht er Italien („Die haben viele gar nicht so richtig auf dem Schirm“) und Spanien. Belgien „ist in die Jahre gekommen“. Und England? „Die scheiden vorher gegen uns aus“, schmunzelt Mehnert.

Der WSV nimmt das Training am 4. Juli wieder auf, die EM-Halbfinalpartien steigen am 6. und 7. Juli jeweils ab 21 Uhr, das Finale am 11. Juli ebenfalls um 21 Uhr. Überschneidungen mit den eigenen Übungseinheiten gibt es somit nicht. Auch nicht am 4. Juli (spielfrei bei der EM), der für den WSV ein großer Tag werden kann. Dann wird abends in der ARD-Sportschau die erste DFB-Pokal-Hauptrunde ausgelost. Welchen Gegner wünscht sich der WSV-Trainer – lieber ein „Kracherlos“ oder einen an guten Tagen zu bezwingenden Zweitligisten? „Naja, auch gegen einen Zweitligisten ohne großen Namen wären wir nicht Favorit. Ich fände einen Club aus der Nähe gut, Köln. Leverkusen, Schalke oder Bochum zum Beispiel“, sagt er, um nachzuschieben: „Bayern oder Dortmund würde ich natürlich auch nicht ablehnen.“

So oder so: In der kommenden Saison tritt der WSV wieder auf einer größeren Fußballbühne auf. Nicht so groß wie die bei der EM, aber immerhin.