Rundschau-Interview Dezernent Arno Minas: „Immer auf die Menschen zentriert“

Wuppertal · Der 53-jährige Arno Minas ist vor einem Jahr zu Wuppertals neuem Dezernenten für Wirtschaft, Stadtentwicklung, Klimaschutz, Bauen und Recht gewählt worden. Am 1. Juli begann seine Amtszeit. Zuvor war der Rechtsanwalt und gebürtige Kölner Bau- und Umweltamtsleiter in Eisenach in Thüringen. Roderich Trapp und Stefan Seitz sprachen mit Minas über seine vielgestaltige Funktion im Rathaus.

 Arno Minas, der Mitglied der Grünen ist, wurde im Februar 2020 zum Dezernenten für Wirtschaft, Stadtentwicklung, Klimaschutz, Bauen und Recht gewählt. Sein Amt trat der verheiratete Vater dreier Kinder am 1. Juli an.

Arno Minas, der Mitglied der Grünen ist, wurde im Februar 2020 zum Dezernenten für Wirtschaft, Stadtentwicklung, Klimaschutz, Bauen und Recht gewählt. Sein Amt trat der verheiratete Vater dreier Kinder am 1. Juli an.

Foto: Berenika Oblonczyk

Rundschau: Nach unserem Eindruck hat Wuppertal in Sachen echter Stadtentwicklung viel Nachholbedarf. Was bedeutet Stadtentwicklung für Sie?

Minas: „Stadtentwicklung ist nicht nur reiner Städtebau. Der ist zwar sehr wichtig, denn das Auge isst mit, aber Stadtentwicklung muss immer auf die Menschen zentriert sein. Dabei muss man fragen, welche Menschen wohnen in einem Quartier, was wollen sie von ihrem Quartier, was brauchen die Menschen vor Ort? Stadtentwicklung kann nicht von oben verordnet werden, sie muss von unten aus den Quartieren gedacht werden. Wuppertal ist genau dafür ein herausforderndes Feld, denn die unterschiedlichsten Quartiere und Nutzungen liegen ganz nahe beieinander. Man könnte scherzhaft ja fast sagen, dass es so etwas wie Wuppertal nach dem Baugesetzbuch gar nicht geben dürfte.“

Rundschau: Viel diskutiert wurden und werden der Döppersberg und sein Umfeld sowie das Thema Innenstadtentwicklung. Ihre Meinung dazu?

Minas: „Der Döppersberg ist ein gut gelungener Stadteingang. Von dort aus muss man in Richtung Innenstadt denken und darauf achten, dass die Elberfelder City nicht zerhackt wird. Innenstädte werden in Zukunft keine reinen Einkaufsgebiete mehr sein können. Hochwertige Dienstleistungen müssen dort mehr Bedeutung bekommen. Es gibt aber noch keine Sicherheit, wie sich das entwickeln wird, deshalb ist von Schnellschüssen abzuraten. Ich würde mir da wissenschaftliche Begleitung wünschen. Ganz wichtig fände ich auch, das Elberfelder Zentrum und die Nordstadt zusammen zu denken. Da geht es um neue Impulse für den Neumarkt, den Karlsplatz, die Gathe. In Sachen Verkehrskonzepte und mehr sollten wir da nichts unversucht lassen. Die Nordstadt kommt ja mit sich selbst klar, aber dem Zentrum würde das guttun. Und die Hofaue hat große Chancen als Achse zwischen Innenstadt und zukünftigem Pina-Bausch-Zentrum.“

Rundschau: Was wird aus dem großen Leerstand am Kleeblatt?

Minas: „Solch ein Areal kann man nicht mit Monokultur füllen, deshalb fände ich den jetzt diskutierten Mix aus Gastronomie, hochwertiger Dienstleistung wie etwa Kanzleien plus Einzelhandel gut. Man könnte sich auch Niederlassungen aus dem Bereich der zukunftsorientierten Kreislaufwirtschaft vorstellen. Ob sich das alles zusammen dann rechnet, wird der Markt zeigen.“

Rundschau: Mal nicht nur Elberfeld: Was ist mit Barmen?

Minas: „Dort sieht man, dass eine ISG in Kooperation mit der Verwaltung ein tolles Schmiermittel sein kann. Eine Kommune kann zwar die Standortentscheidungen von Investoren nicht steuern, aber beispielsweise wie beim Projekt „Kulturteppich Werth“ dafür sorgen, dass die Fußgängerfrequenz und damit die Attraktivität für neue Geschäftsniederlassungen steigt. Als Kölner bin ich ja Berufsoptimist, darum glaube ich fest, dass Barmen eine positive Zukunft vor sich hat.

Rundschau: Was halten Sie von einer Arena für den BHC-Bundesligahandball und andere Events am Wicküler Park?

Minas: „Als großer Handball-Fan, ich war im Vorstand des Zweitligisten ThSV Eisenach, bin ich bei dem Thema sofort auf Betriebstemperatur. Sport hat eine große lokale Identifikationskraft. Eine starke Sportstätte hätte echte Strahlkraft in die Region. Im Umfeld des Wicküler-Parks muss man natürlich auch den zusätzlichen Verkehr und eventuelle Lärmprobleme im Blick haben. Das ist ein dickes Brett, aber ich halte die erfolgreiche Umsetzung nicht für unmöglich. Und im Bereich Events wären eine BHC-Arena und die faszinierende Stadthalle ein großartiges Duo.“

Rundschau: Zuletzt wieder auf die politische Tagesordnung gekommen ist auch eine Bundesgartenschau für Wuppertal im Jahr 2031 ...

Minas: „Beim Konzept gibt es zwar noch Nachsteuerungsbedarf, aber die Buga ist eine ganz tolle Option. Jedoch nur, wenn Stadtgesellschaft und Rat mit überwältigender Mehrheit dahinter stehen. Wenn Wuppertal die Buga will, muss bis zum Sommer darüber entschieden werden. Es sind zwar noch zehn Jahre bis 2031, aber für eine Buga-Planung ist das gerade so eben ausreichend. Wenn die Bundesgartenschau klappt, hätten Stadt und Region einen großen Vorteil davon.“

Rundschau: In Ihre Zuständigkeit gehört auch das Rechtsamt. Zwischen dem und der Stadtspitze knirschte es zuletzt mehrfach ...

Minas: „Ich war zwölf Jahre Rechtsanwalt und habe in Kanzleien das Instrument des ,Partnerrates’, in dem alle Partner einer Kanzlei zusammenkommen, kennengelernt. Im Rathaus habe ich regelmäßige Treffen der leitenden Juristen der Verwaltung eingeführt, wo wir uns besprechen, um die Stadt zu beraten und eventuell zu warnen. Ich sehe das Rechtsamt der Stadt als die ,Wuppertal-Kanzlei’ und würde sagen, dass sich die Wahrnehmung des Rechtsamtes nach innen und außen schon nach kurzer Zeit sehr positiv verändert hat.“

Rundschau: Sie verantworten jetzt auch den Sektor Wirtschaft, bei dem man stets schnell an die Gewerbeflächen denkt. 

Minas: „Wuppertal ist eine der am stärksten verdichteten Städte Deutschlands. Die Frage lautet also: Wo gibt es noch Brachen, die wiederbelebt werden können, welche Flächen sind noch nicht ausgenutzt, und wo kann man noch mehr als bisher herausholen? Außerdem: Was können wir in der Innenstadtentwicklung auf Brachen für das Dienstleistungsgewerbe tun?“

Rundschau: Sollte die städtische Wirtschaftsförderung selbst Flächen ankaufen und sie dann entwickeln? Im Wahlkampf wurde das ins Gespräch gebracht. 

Minas: „Da wäre man schnell beim Thema einer eigenen Stadtentwicklungsgesellschaft. Anderswo gab es dabei große Erfolge, aber auch maximale Schiffbrüche. Und woher käme das Geld für solch eine Gesellschaft? Außerdem warne ich davor, dass eine Stadtentwicklungsgesellschaft schnell ein großer, eventuell aufgeblähter Tanker werden kann, der nicht imstande ist, schnell genug zu reagieren.“

Rundschau: Sie haben an anderer Stelle über Ihre Arbeitsfelder einmal gesagt, das Operative dürfe das Strategische nicht überlagern. Gelingt Ihnen das?

Minas: „Ich habe tolle Ressort- und Abteilungsleiter, für die strategisches Denken kein Fremdwort ist. Außerdem lässt mir die innere Struktur meines Geschäftsbereiches genug Zeit für strategische Überlegungen und Gespräche. Deswegen mache ich mir da keine Sorgen.“

Rundschau: Die Stadtverwaltung wird – vor allem in Ihrem Bereich Bauen & Co. – „draußen“ oft mit einer restriktiven, ablehnenden Haltung identifiziert. Was sagen Sie dazu?

Minas: „Es gibt in vielen Verwaltungen die Vorstellung, man sei umso mehr auf der sicheren Seite, je restriktiver man eine Vorschrift auslegt. Das stimmt allerdings nicht. Für mich ist es immer wichtig, den existierenden Ermessensspielraum unter dem Aspekt des gesunden Menschenverstandes zu nutzen, was viele meiner Mitarbeiter auch tun. Trotzdem wird es aber in Zukunft auch aus meinem Haus Ablehnungsbescheide geben müssen.“

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