Kritik an Behörden Überfall-Opfer: „Fühle mich im Stich gelassen“

Wuppertal · Janine Huwig wurde Opfer eines gewalttätigen Angriffs. Mit attestierten Krankheitsfolgen. Sie kritisiert das Verhalten von Polizei und Staatsanwaltschaft.

 Janine Huwig ist nach einem tätlichen Angriff enttäuscht über das Verhalten der Wuppertaler Ermittlungsbehörden. Die Staatsanwaltschaft wertet den Fall als Nachbarschaftskonflikt.

Janine Huwig ist nach einem tätlichen Angriff enttäuscht über das Verhalten der Wuppertaler Ermittlungsbehörden. Die Staatsanwaltschaft wertet den Fall als Nachbarschaftskonflikt.

Foto: Manfred Bube

Der Angriff am 31. August 2018 kam aus heiterem Himmel: Gerade im Begriff, in ihr Auto einzusteigen, greift Karl F. (Name geändert) Janine Huwig an, fasst in ihre Haare und drückt den Kopf heftig auf die Motorhaube, verdreht ihren Arm, schlägt und würgt sie. Es dauert mehrere Minuten, bis ihre Hilfeschreie gehört werden und zwei Männer sie aus der Notlage befreien.

Parallel dazu alarmieren weitere Passanten Polizei und Rettungswagen, die kurze Zeit später eintreffen. Während Sanitäter das Opfer, das unter Schock steht, behandeln, kümmern sich die Polizisten um den nach wie vor aggressiv auftretenden Täter. Als einer der Beamten Janine Huwig um eine Stellungnahme bittet, ist sie noch nicht in der Lage, darauf zu antworten.

Was von dem Beamten mit den Worten, sie solle sich nicht so anstellen, anderen wäre Schlimmeres passiert, quittiert worden sein soll. So jedenfalls schildert Andreas Böhm, einer der Helfer, der wie alle Beteiligten in der Siedlung Laubengang wohnt und seit dem Vorfall dem Opfer unterstützend zur Seite steht, den Ablauf.

Und Böhm berichtet davon, dass der 63-Jährige Angreifer kein Unbekannter sei: „In der Vergangenheit hat er immer wieder ältere Frauen verbal bedroht und sich in Richtung Janine Huwig dahingehend geäußert, dass er sie und ihren Hund totschlagen würde. Bis zu diesem Vorfall hat das keiner wirklich ernst genommen, jetzt greift die Angst um sich.“

Sicher auch, weil der Täter bisher ungestraft blieb. Denn Janine Huwig hatte nach dem brutalen Vorfall zwar umgehend Strafanzeige wegen gefährlicher Körperverletzung gestellt und mehrere Zeugen benannt. Die, so sagt sie, wurden nicht von der Polizei gehört und das Verfahren im April von der Staatsanwaltschaft mit dem Hinweis, für eine Klage liege kein öffentliches Interesse vor, eingestellt.

Auch ein von ihrer Anwältin angeregtes Annäherungsverbot wurde bisher nicht gerichtlich bestätigt. Janine Huwig kann das alles nicht verstehen: „Seit dem Angriff bin ich in ärztlicher Behandlung, kann öffentliche Verkehrsmittel nicht mehr benutzen, keine Menschenansammlungen mehr ertragen, leide, von mehreren Fachärzten attestiert, unter psychischen und psychosomatischen Folgeschäden. Und der, der dafür verantwortlich ist, kann ungehindert so weitermachen“, klagt sie.

Dass ihre Anwältin gegen die Einstellung des Verfahrens Beschwerde eingelegt hat, darauf setzt sie keine Hoffnung. „Ich habe den Ermittlungsbehörden ja bereits detailliert geschildert, wie der Täter mich auch vor und nach diesem Angriff massiv bedroht und belästigt hat, dazu Namen von Nachbarn angegeben, die das bestätigen können. Entsprechende Rückfragen: Fehlanzeige. Von Polizei und Staatsanwaltschaft fühle ich mich im Stich gelassen. Neben der täglichen Angst, er könnte mich wieder angreifen, schmerzt das zusätzlich.“

Auf Nachfrage der Rundschau widerspricht Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert dieser Darstellung. Er erklärt, dass im Lauf der Ermittlungen sechs Zeugen polizeilich gehört wurden – und man nach Abwägung entschieden habe, den Vorfall als Nachbarschaftskonflikt einzustufen. Mit dem Hinweis, dass entsprechend Paragraph 374 des Strafgesetzbuches hier zunächst nur eine zivilrechtliche Klage möglich sei, die aber bisher von der Geschädigten nicht angestrengt worden sei. Janine Huwig: „Dazu fehlen mir jetzt Kraft und Zuversicht. Ich habe das Vertrauen in den staatlichen Beistand und Schutz verloren.“

Immerhin, der gemeinsame Vermieter hat Karl F. aufgrund der Vorfälle jetzt die Wohnung gekündigt. „Bis dahin bleibt die Angst und selbst danach wird sie vermutlich nicht weniger“, sagt Janine Huwig resigniert.

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