Hörnchen statt Becher Eisgekühltes Umwelt-Engagement

Wuppertal · Manchmal braucht es nur einen Menschen oder ein Duo, um den Stein ins Rollen zu bringen. Das hat sich Udo Bertram gedacht, als er über Facebook und per Mail-Verteiler nicht nur Wuppertal, sondern die ganze Welt dazu aufforderte: „Verzichten Sie auf Eisbecher, Plastikbecher und Plastiklöffel. Unsere Eissorten schmecken auch aus dem Eis-Hörnchen wunderbar.“

 Eismann Angelo La Rizza und sein „Manager“ Udo Bertram appellieren an ihre Kunden, das Eis doch lieber in der Waffel zu kaufen, um Plastikmüll zu vermeiden und der Umwelt etwas Gutes zu tun.

Eismann Angelo La Rizza und sein „Manager“ Udo Bertram appellieren an ihre Kunden, das Eis doch lieber in der Waffel zu kaufen, um Plastikmüll zu vermeiden und der Umwelt etwas Gutes zu tun.

Foto: Wuppertaler Rundschau

Udo Bertram ist Wuppertaler, Rentner und ehrenamtlicher Manager des Eiswagens „Ital. Eis & Sahne Angelo“. Im Eiswagen steht Angelo La Rizza, Italiener und richtig gut darin, Eiskugeln aus Sahne und Milch auf seine Eis-Hörnchen zu stapeln. Leider kann La Rizza noch nicht so richtig gut deutsch sprechen. Deshalb hilft Udo Bertram ihm, sein Eis unter die Leute zu bringen.

Kennengelernt haben die beiden sich auf der Straße. Bertram, leidenschaftlicher Eis-Esser, stellte sich vor Angelo La Rizzas Eiswagen auf und fragte den Italiener leicht provozierend, ob er denn sein Eis aus gefrorenem Wasser und Milch herstelle, oder aus Milch und Sahne – ebenso, wie es nach Bertrams Meinung richtig ist. „Probier mal!“, entgegnete der Eiswagenverkäufer gelassen und reichte dem Wuppertaler ein Hörnchen. Das war der Beginn einer langjährigen Freundschaft.

Seit zwei Jahren ist der Wuppertaler Rentner jetzt Angelo La Rizzas „Marketingleiter“ und „Manager“. Er pflegt die Website des kleinen Eiswagen-Unternehmens, bespielt die Social-Media-Kanäle und hält Kontakt zu den Kunden – und das mit 72 Jahren. Er war es auch, der sich plötzlich Gedanken über den Müll und die Mengen an Plastik machte, die täglich im Eis-Geschäft anfallen.

Den Anstoß zu Udo Bertrams Grübeleien gab ein 14-jähriger Junge, der sich bei einem Nachbarschaftsfest neben Angelos Eiswagen platzierte und die Kunden bat, der Umwelt zuliebe ihre Eis-Kugeln doch lieber im Hörnchen zu kaufen. „Der Junge war in der Nachbarschaft für sein Engagement bereits bekannt. Und das Wichtigste: Er hat Recht“, sagt Udo Bertram. Zwei Wochen lang ist dem Eiswagen-Manager der Kleine nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Im Internet begann er, zu Eisbecher-Alternativen zu recherchieren: Holz- anstatt Plastiklöffel und Becher aus nachhaltigem Polylactid, ein Material, das unter anderem aus Zucker und Stärke gewonnen wird. „Das ist aber immer auch eine Kostenfrage“, gibt er zu bedenken. Ist der Kunde bereit, der Umwelt zuliebe mehr für seinen Eis-Becher zu bezahlen?

Günstiger und nachhaltiger ist nach wie vor das Eis im Hörnchen. „Drei Kugeln mit Sahne, das geht noch in der Waffel. Ab vier Kugeln können die Leute dann von mir aus einen Becher nehmen, damit es nicht zu wackelig wird“, lenkt Bertram ein. Schön wäre auch die Alternative, sein eigenes Schälchen von zu Hause mit zum vorbeifahrenden Eiswagen zu bringen: „Aber das ist aus hygienischen Gründen nicht erlaubt.“ Mittlerweile hat sich Bertrams Blick auf seine Umwelt geschärft. Lässt sich durch leicht verändertes Verhalten Müll vermeiden, fällt ihm das sofort auf. „Sehen Sie mal, zwei Kugeln im Becher, muss das sein?“, fragt er und deutet auf einen Mann, der sich gerade bei Angelo ein Eis kauft.

Kampagnen-Mitstreiter hat der ehrenamtliche Eiswagen-Manager unter den Wuppertaler Eisladen-Besitzern bisher noch nicht gefunden. Deshalb hat er auch eine Mail herumgeschickt und fordert zusätzlich seine Facebook- und Instagram-Community dazu auf, statt Eisbecher, Plastikbecher und Plastiklöffel lieber die Kugeln im Hörnchen zu genießen. Aktuell feilt der Rentner zudem an der Idee, eine Tafel zu besorgen und sie neben dem Eiswagen aufzustellen. „Denk an die Umwelt, nimm ein Hörnchen“ – dieser Satz könnte dort zu lesen sein.

Udo Bertram schmunzelt: „Und wenn die Leute dann in der Schlange stehen, haben sie Zeit, darüber nachzudenken.“

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