„Wohnen in der Politik“ Schauspielhaus wird zur politischen WG

Wuppertal · Im Rahmen des Projektes „Wohnen in der Politik“ diskutieren am Samstag (7. März 2020) im Schauspielhaus die zehn Wuppertaler Bezirksbürgermeister über Themen ihres Stadtbezirks. Doch nur eine Herausforderung pro Bezirk schafft es auf die Agenda. Diese greift das „Wohnen in der Politik“-Team auf und setzt sie in den folgenden drei Wochen gemeinsam mit „der börse“ und dem Performance-Kollektiv „ZOO“ um. Für das Projekt ziehen die Organisatoren Iris Ebert, Dagmar Beilmann, Christoph Rodatz und Pierre Smolarski sogar symbolisch ins Schauspielhaus ein. Redakteurin Milka Vidovic sprach mit ihnen über die ungewöhnliche WG.

 Das „Wohnen in der Politik“-Team zieht für drei Wochen ins Schauspielhaus: Christoph Rodatz (v.l.), Dagmar Beilmann, Pierre Smolarski und Iris Ebert.

Das „Wohnen in der Politik“-Team zieht für drei Wochen ins Schauspielhaus: Christoph Rodatz (v.l.), Dagmar Beilmann, Pierre Smolarski und Iris Ebert.

Foto: Konstantin Koewius

Rundschau: Das „Wohnen in der Politik“-Team zieht für drei Wochen ins Schauspielhaus und alle Wuppertaler sind dazu eingeladen, mit einzuziehen. Wie soll das funktionieren?

Es wird zehn Räume geben, jeder dieser Räume steht dabei für einen Stadtbezirk Wuppertals. Mit uns zusammen werden verschiedene Möbel Gegenstände, Geschichten und kommunalpolitische Themen und somit ein Teil Wuppertals einziehen. Wuppertal ist eher symbolisch eingeladen, mit uns einzuziehen. Neben der Ausstellung, die bis auf montags von 14 bis 22 Uhr geöffnet sein wird, finden regelmäßige Abendveranstaltungen statt. Hierzu ist jeder ganz herzlich willkommen. Nicht nur als Besucher, sondern im Ideal als Jemand, der Lust hat mitzureden, zu diskutieren und sich über kommunalpolitische Prozesse und Themen auszutauschen. Es wird einen großen Tisch für „Küchengespräche“ geben. Die ursprüngliche Idee, unsere WG als tatsächlichen Wohnraum zu öffnen, lässt sich leider nicht umsetzen.

Rundschau: Wer richtet die Räume ein?

Seit November 2019 war Iris Ebert mit weiteren Helfern in allen zehn Bezirken unterwegs und hat über Kleinanzeigen Inventar für die zehn Zimmer erstanden. Die Idee ist, dass bei der Eröffnung die Zimmer bereits ausgestattet sind. Uns war hierbei wichtig, dass das Bett für das Zimmer Cronenberg auch wirklich aus Cronenberg stammt. Geplant ist aber auch, dass Wuppertaler die Ausstellung erweitern können. Weitere Möbel sollten nicht mitgebracht werden, sondern vielmehr kleinere Gegenstände wie Bücher, Bilder und Ähnliches.

Rundschau: Jeder Raum wird einen Stadtbezirk symbolisieren? Wie wird das verdeutlicht?

Die Stadtbezirke sollen auf verschiedene Art und Weise in den Zimmern symbolisiert werden. Dabei kommen einerseits die gesammelten Gegenstände zum Tragen, andererseits wird auch unsere Beschäftigung mit verschiedenen Orten, welche derzeit kommunalpolitisch im Gespräch sind, den Zimmern einen Stadtbezirk zuordnen. Verschiedene Bilder, Wappen oder Grafiken zum Stadtbezirk werden ebenfalls zu finden sein. Es wird aber auch verstecktere Bezüge geben. Zum Beispiel wollen wir die Wände mit Protokollen aus den Sitzungen der Bezirksvertretungen tapezieren.

Projekt „Wohnen in der Politik“: Wuppertaler Schauspielhaus wird zur WG
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Wuppertaler Schauspielhaus wird zur WG

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Foto: Wuppertaler Rundschau/mivi

Rundschau: Wie könnte ein typischer Tag in der Schauspielhaus-WG aussehen?

Uns geht es bei dem Projekt weniger um die Bewohner der Wohngemeinschaft, sondern darum, einen Ort zu schaffen, an dem Wuppertal zusammenkommt. Dabei ist uns die Auseinandersetzung mit kommunalpolitischen Themen in einem offenen Ambiente wichtig. Hinzu kommt, dass dieses Projekt eng mit Dagmar Beilmann vom Kulturzentrum „die börse“ – die ja auch Projektträger sind – entwickelt wurde. Und da „die börse“ sich seit Jahren mit Nachbarschaft, Quartiersarbeit und Demokratie befasst, ist es der Impuls, Aspekte dieser Themen konzentriert über drei Wochen in die Öffentlichkeit zu tragen.Tagsüber werden wir in der Wohngemeinschaft zusammen an kommunalpolitischen Fragestellungen arbeiten, die Abendveranstaltungen vorbereiten und die Ausstellung kontinuierlich erweitern. Wir hoffen natürlich auch, dass Besucher kommen, die mit uns ins Gespräch kommen. Nachmittags werden sich an zehn Tagen im Stadtraum performative Interventionen vom „Künstler Kollektiv ZOO“ ereignen. Sie werden an Orte gehen, die in den Bezirksvertretungen aktuell in der Diskussion sind. Abends haben wir verschiedene Veranstaltungen geplant.

Rundschau: Was ist der Zweck des Projekts?

Wir wollen Wohnen mit Kommunalpolitik verknüpfen – wir verstehen Wohnen größer als das eigene Wohnzimmer und Politik näher als Berlin. Vor allem das Kleinteilige, das Veränderbare und Gestaltbare, das, was direkt vor jeder Haustüre Wuppertals geschieht, möchten wir uns anschauen und darüber sprechen. Anders als bei den großen, emotional aufreibenden Themen werden die Strukturen und Prozesse kommunaler Politik nur selten von den Medien, den beteiligten Akteuren aus Politik, Verwaltung und der Zivilgesellschaft sichtbar gemacht. Dabei sind es diese Prozesse, die uns alle jeden Tag direkt betreffen. Durch die Beschäftigung mit Wuppertal, dem „Wohnen in der Politik“, möchten wir eine Momentaufnahme Wuppertals erzeugen, die einzelne Phänomene beleuchtet und andere Sichtweisen auf Wuppertal anstößt.

Rundschau: Was passiert eigentlich nach den drei Wochen mit dem Inventar?

Am letzten Tag, dem 29. März, wird die WG aufgelöst und alle sind herzlich eingeladen, Dinge aus der Ausstellung mitzunehmen. Unsere Hoffnung ist, dass am Ende alle Gegenstände und somit auch Geschichten und Erinnerungen eine neue Heimat in Wuppertal finden.

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