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Wuppertal: Kurioser Prozess um Papageien-Ratgeber

Nicht alltägliche Verhandlung : Vogelfreundinnen im Clinch

Der kuriose Streit um eine öffentliche „Bücherverbrennung“ beschäftigte am Freitag (1. Oktober 2021) das Wuppertaler Amtsgericht. Im Fokus stand dabei ein Papageien-Ratgeber mit angeblich 7.000 Fehlern.

Die Kameraleute und Fotografen waren enttäuscht: Bunte Papageien hatten keinen Auftritt beim Amtsgericht. Dort war stattdessen ein Streit unter Vogelliebhaberinnen über ein „Papageienhandbuch“ gelandet. Geklagt hatte die Wuppertaler Autorin des Ratgebers, die sich 2017 diesem Hobby verschrieben hatte und über ihre Erfahrungen aus dem ersten Jahr ein fast 180 Seiten starkes, papageienbuntes Buch verfasst hat. Proppenvoll, mit vielen Tipps für Anfänger und über Amazon veröffentlicht.

Warum man schon nach so kurzer Zeit einen Ratgeber schreibt? Die Antwort hatte die Verfasserin schnell parat: Ihr eigener Papagei sei anfangs widerspenstig gewesen und habe sich nicht zähmen lassen wollen. Diese Erfahrung und vieles mehr aus dem Nähkästchen der Papageienzucht habe sie mit ihren Lesern teilen wollen. Das Buch missfiel einer Kritikerin, mit 34 Jahren Papageien-Erfahrung schon lange aus diesem Anfangs-Stadium in Sachen „Zucht und Haltung“ heraus. Aufeinandergetroffen war man in einer Facebook-Gruppe, in der sich die Mitglieder über die Buntgefiederten austauschen. Die Autorin hatte der Gruppe zwei Probedrucke ihres Erstlingswerks zukommen lassen, die Kritikerin sollte das Korrekturlesen übernehmen.

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Stattdessen hatte die Frau das Buch in einen Feuerkorb geworfen und in Flammen aufgehen lassen. Begleitet von 15 Zaungästen, von denen einer oder eine die „Bücherverbrennung“ mit dem Handy gefilmt hatte. Von dem Video soll es zwei Versionen geben – einmal soll die Kritikerin auch noch gesagt haben, das sie 7.000 Fehler im Buch gefunden haben will. Rechtschreibfehler, Ernährungstipps und die Größe von Papageien: Am Ende stritt man sich über alles. In einer Version des Videos hatte man die Tonspur mit den angeblich „7.000 Fehlern“ hören können, in der anderen Aufnahme loderten die Flammen mit musikalischer Untermalung. Wer das Video später in zwei Papageien-Facebook-Gruppen hochgeladen hat? Die Kritikerin will es jedenfalls nicht gewesen sein, stattdessen aber wohl einer der Zaungäste.

Dass der Verkauf ihres Buches danach massiv einbrach, sei das eine. Viel schlimmer für die Autorin sei aber die Missachtung, die ihr entgegengeschlagen sei. Die Frau klagte auf Unterlassung und schob auch noch nach, dass die ganze Sache doch sehr an die Bücherverbrennung von 1933 erinnern würde. Das wiederum wollte die Kritikerin nicht auf sich sitzenlassen – wegen des Nazi-Vergleichs holte sie zur Gegenklage aus. Und mittendrin im Geschehen: Stefan Krüger, der Gründer und Leiter der in Wuppertal ansässigen „Papageienhilfe NRW“, die hier auch ein Tierheim betreibt. Krüger ist Gründer der Facebook-Gruppe, in der die Papageienliebhaberinnen in Streit geraten waren. „Wir haben die Buchveröffentlichung unterstützt“, sagt er am Rande der zivilen Streitigkeiten im Gerichtsflur.

Im Saal versuchte man auf Anraten der Richterin eine gütliche Einigung, die Klage habe nur wenig Aussichten auf Erfolg. Angebliche 7.000 Fehler und ein Buch im Feuerkorb? Das sei alles noch freie Meinungsäußerung. Am Ende scheiterte die Einigung am Geld: Die Streitenden wollten die Gerichtskosten nicht teilen. Nun wird das Urteil am 22. Oktober verkündet.