40 Jahre Wuppertaler Rundschau Von Space Invaders zu nur einem Klick

Wuppertal · 104 Ausgaben produziert die Wuppertaler Rundschau Jahr für Jahr. Daran hat sich nichts geändert. Die Art und Weise, wie das geschieht, sehr.

 Und so sieht Zeitungsmachen heute aus: Nina Bossy und Jörn Koldehoff beim „Umbruch“.

Und so sieht Zeitungsmachen heute aus: Nina Bossy und Jörn Koldehoff beim „Umbruch“.

Foto: Wuppertaler Rundschau

Kennen Sie noch "Space Invaders", jenes legendäre Spiel aus der Zeit, als die Computer das Laufen lernten? Spartanische Grafik und ein großes Ziel — die Welt zu retten vor einer Alien-Invasion, recht unpazifistisch mit Hilfe einer derben Ballerei aus einem Panzer. Und ganz oben flogen zügig Ufos, die Zusatzpunkte gaben.

Genau daran fühlte ich mich erinnert, als Hendrik Walder Anfang der 90er Jahre mitteilte, ich möge doch bitte den Umgang mit dem Redaktionssystem (ähnelte eben von der Anmutung her "Space Invaders") lernen. Wohlwissend, dass in ein paar Monaten ein neues kommen würde. Bei dem man dann eben nicht nur wie bis dato unübersichtliche Linien, Flächen und Zahlen, sondern schon am Computer Texte, Bilder und den Seitenaufbau sieht.

Ja, hat es mir denn geschadet? Ein klares: Selbstverständlich, was für eine Farce! Als ich es endlich halbwegs konnte, war es auch schon weg. Fairerweise muss ich zugeben, dass ich sonst nicht mehr echte Zauberkünstler kennen gelernt hätte. Gut, die Texte wurden seinerzeit schon nicht mehr Buchstabe für Buchstabe zusammengesetzt, sondern kamen nach der redaktionellen Freigabe als so genannte "Aufsichtsvorlage" aus dem großen Drucker im Keller des Pressehauses, wo damals noch die Zeitung zusammengeklebt wurde.

Es begab sich aber, dass die Seite im Grunde fertig war — dann aber ein fieser Fehler, etwa ein "Dreher", in der Überschrift entdeckt wurde. Nun schlug die große Stunde der Schriftsetzer, die mit Skalpell und gutem Auge die betreffenden Buchstaben ausschnitten und in korrekter Reihenfolge zusammenfügten. Alles händisch und millimetergenau, im Druck war davon nichts zu sehen.

Absoluter Weltmeister war jener Metteur, dem zwar ein Sportfoto bestens gefiel, der aber bemängelte, dass darauf kein Ball zu sehen war. Er nahm seine Zigarette, schnitt ein Stück vom Filter ab — alles lachte. Aber nicht lange: Nachdem die Zeitung erschien, wurde er auf Schultern durch den Saal getragen ...

Es hat sich viel geändert durch die Digitalisierung. Die Seiten werden längst mit einem Knopfdruck komplett freigegeben und landen kurze Zeit später 1:1 direkt in der Druckerei. Vor allem aber: Musste unser leider viel zu früh verstorbener Fotograf Heinz Eschmat bei ganz wichtigen Terminen kurz vor Druckbeginn noch den entsprechenden Film in der Dunkelkammer entwickeln, damit vom Bild dann eine gerasterte Vorlage hergestellt werden konnte, geht das jetzt alles in Sekundenschnelle. Das Bild kommt per Mail, wird ins System hochgeladen, auf die Seite platziert, fertig.

Durch den technischen Fortschritt können wir längst viel aktueller auf Ereignisse reagieren. Das ist natürlich nicht schlecht, der Umbruch dadurch flexibler. Die große Handwerkskunst ist verschwunden. Allerdings nicht ganz.

Wer in einer Suchmaschine "Space Invaders" eingibt, findet das Originalspiel als kostenlose Variante. Kann man vom Heiligen Abend bis Heilige Drei Könige durchspielen. Garantiert und getestet. Es war früher nicht alles schlecht.

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