Bergische Uni Ältere mit schlechter Arbeit sind dreifach belastet

Wuppertal · Rund ein Drittel aller älteren Erwerbstätigen beurteilen ihre Arbeitsqualität als gut, ein Drittel als schlecht und ein Drittel liegt zwischendrin. Dies zeigt eine aktuelle Veröffentlichung von Daten der repräsentativen Studie „lidA – leben in der Arbeit“, die am Lehrstuhl für Arbeitswissenschaft der Bergischen Universität Wuppertal unter der Leitung von Prof. Dr. med. Hans Martin Hasselhorn durchgeführt wird.

 Symbolbild.

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Foto: Rüdiger Nehmzow

Seit 2011 begleitet das Forschungsteam die sogenannten Babyboomer der Jahrgänge 1959 und 1965 auf ihrem Weg von der Arbeit in den Ruhestand und befragt sie im Abstand von drei Jahren zu Arbeit und Privatleben. Ziel der Studie ist es, sich verändernde Arbeitsbedingungen und Erwerbsverläufe, aber auch persönliche Motive zu ergründen, die darüber entscheiden, wie lange älter werdende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer berufstätig sind. Die aktuellen Ergebnisse basieren auf Befragungsdaten der ersten Erhebungswelle.

Die Wuppertaler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben mittels komplexer Analysen fünf Profile der Arbeitsqualität in der älteren Erwerbsbevölkerung identifiziert. Zwei von ihnen weisen auf eine insgesamt „schlechte Arbeitsqualität“ (Profile „Poor Quality“ und „Strained non-Manual“) hin. Bei zwei weiteren ist von insgesamt sehr günstigen Arbeitsbedingungen auszugehen (Profile „Smooth Running“ und „High Flying“), das Profil „Relaxed Manuals“ liegt dazwischen.

Fast jede bzw. jeder fünfte ältere Beschäftigte gehört zum Profil „Poor Quality“. „Hier finden sich vorwiegend Menschen, die körperlich arbeiten. Bei so gut wie allen Aspekten der Arbeitsqualität – also körperliche Arbeitsexposition, Arbeitszeitqualität, Kontrolle bei der Arbeit und Weiterentwicklung, soziales Arbeitsumfeld, Führungsqualität, Weiterbildung, Einkommen und berufliche Perspektive – schneiden sie im Vergleich zu den anderen Gruppen am ungünstigsten ab“, erklärt Hans Martin Hasselhorn. „Auffällig ist: Mehr als jede*r Vierte von ihnen plant länger in Arbeit zu bleiben, als sie*er glaubt, es am Ende auch zu können. Die Diskrepanz beträgt im Mittel rund drei Jahre. Das ist ein deutlicher Hinweis, dass hinter den persönlichen Plänen in Wirklichkeit oft ein „Müssen“ steht. Im günstigsten Arbeitsprofil, den „High Flying“, ist der Anteil derer, die „müssen“, mit fünf Prozent wesentlich kleiner.

„Die Profilzugehörigkeit spiegelt sich zudem erwartungsgemäß deutlich in Gesundheit, Arbeitsfähigkeit und der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben wider“, so Hasselhorn. „Bei drei der fünf Profile deuten die Ergebnisse auf erhöhte Risiken für die weiteren Lebens- und Erwerbsjahre hin.“ Tiefergehende Analysen zeigen, dass es nicht vom Beruf abhängt, ob man in einem guten oder einem schlechten Profil landet, sondern von den konkreten Arbeitsbedingungen.

Die lidA-Kohortenstudie und die nun identifizierten Profile der Arbeitsqualität ermöglichen, die Babyboomer-Generation bei ihrem Übergang von der Arbeit in die Rente besser zu verstehen, sie auf diesem Weg zu begleiten und frühzeitig auf mögliche Gewinner*innen und aber auch Verlierer*innen in Zeiten eines verlängerten Arbeitslebens hinzuweisen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler empfehlen Politik und Fachöffentlichkeit, nicht nur darauf zu sehen, wann Ältere in Rente gehen, sondern wie sich die letzten Erwerbsjahre für sie darstellen. „Dies gilt gerade in einer Zeit verlängerter Erwerbsbiografien“, sagt Hasselhorn. Wichtig sei außerdem, nun alle Ressourcen zu bündeln, um schlechte Arbeitsqualität zu beseitigen.

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