Am Ende seiner Amtszeit, wirkt Uwe Schneidewind gelöst, fast leidenschaftlich. An der St.-Anna-Schule spricht er zu Transformation, beantwortet Fragen der Erdkunde-Kurse, aus wissenschaftlicher Perspektive. Sein Beitrag endet äußerst engagiert: „Klima ist eine moralische Frage. Und das kriegt man auch nicht weg.“
Diese Meinung, gleichermaßen Antrieb und Appell, hängt mit der Geschichte Uwe Schneidewinds zusammen, mit der er vor der gut gefüllten Aula in sein Thema einsteigt. Als Schüler, der an vielem interessiert war, entschied sich der junge Schneidewind fürs BWL-Studium in Köln, merkte aber schnell, dass er nicht den Rest seines Lebens Shampoo-Flaschen vermarkten wollte. „Um 1990 kam das Klima und die Nachhaltigkeitsdebatte auf – davon wollte ich Teil sein.“
So kam Schneidewind 2010 ans Wuppertal Institut, folgte der Frage: „Was muss passieren, damit wir die Klimafragen in den Griff bekommen?“, und mochte Wuppertal als „Stadt, die Lust hat, neue Wege zu gehen – ein Beispiel ist die Schwebebahn.“ Als Oberbürgermeister stellte Schneidewind fest: „Ich habe mitbekommen, wie schwer es ist, etwas zu verändern.“
Die Schülerinnen und Schüler nimmt er mit auf eine Reise durch die Transformation – und macht Halt bei den Innenstädten, der Mobilität, den Smart Citys und beim Thema bezahlbarer Wohnraum. Highlights aus diesem Einblick in das Leben des Wissenschaftlers und Oberbürgermeisters: „Ihr werdet Euren Enkelkindern eines Tages erklären müssen, warum wir den Ölberg mit Blechkisten vollstellen, die 23 Stunden am Tag bloß rumstehen.“ Sowie zum autonomen Fahren, das bei der aktuellen Schwebebahngeneration nicht umgesetzt wurde: „Ihr wachst selbstverständlich mit diesen Möglichkeiten auf – bleibt ungeduldig!“
Von den Fragen der Jugendlichen wird der Oberbürgermeister ganz schön gelöchert: Wieso die goldenen Bänke witterungsfest sein mussten – nicht aber die Mauer am Hauptbahnhof? Die zynische Antwort: „Wir können beides, teuer und schlecht.“ Schneidewind nimmt die Wünsche einer Schülerin nach mehr Sicherheit für Frauen und Mädchen auf. Und erklärt, warum das Ende des Verbrennungsmotors einen wichtigen Strukturwandel nach sich ziehen werde.
Schneidewind, der sich bei einem Pressetermin im Kino mit Schauspieler Christoph Maria Herbst als großer Stromberg-Fan zu erkennen gegeben hat, erinnert in Mimik und Gestik dann, wenn er über die aktuellen Gefahren für die Demokratie spricht, an den Serien-Chef – verwandelt sich beim Reden aber in eine grüne, politisch korrekte Version von ihm.
Die Meinung von US-Vizepräsident J.D. Vance entlarvt Schneidewind als eine verkürzte Form der Demokratie, die eines Tages fatale Auswirkungen auf den Klimaschutz haben könnte. Und richtig Feuer fängt er bei der Frage, ob Klimaschutz nicht einfach ein moralisches Thema sei. Ja, natürlich: „Es geht ja nicht um das Klima an sich – sondern darum, dass wir wissen, dass es andere viel mehr treffen wird.“ Bei 10 Grad erhöhter Temperatur könnten sich Milliardäre immer schützen – im Gegensatz zu vielen anderen Menschen, die dem schutzlos ausgeliefert wären.
Und so endet Schneidewinds St.-Anna-Besuch mit dem Appell, die Werte der Demokratie zu verteidigen.