Manchmal braucht es mehr als nur guten Willen, um die ersten Lebensjahre eines Kindes zu meistern. Ob es um Ernährung und Gesundheit, schlaflose Nächte, Geschwisterneid, die zu kleine Wohnung, finanzielle Probleme oder fehlende Kitaplätze geht: Die Herausforderungen können Familien über den Kopf wachsen. „Eltern wollen das Beste für ihr Kind“, sagt Psychologin Beate Lampenscherf, „aber manchmal brauchen sie jemanden, der ihnen den Rücken stärkt und Orientierung gibt.“
Die „Frühen Hilfen“ der Diakonie Wuppertal – Kinder – Jugend – Familie – sind genau dafür da. Beate Lampenscherf unterstützt Eltern von der Schwangerschaft über die Geburt bis zum dritten Lebensjahr des Kindes mit einem multiprofessionellen Team aus Psychologinnen, Sozialpädagoginnen, Familienkinderkrankenschwestern und Familienhebammen. Dieses wichtige Angebot für Wuppertaler Familien stellt sie mit ihrem Team im Rahmen der landesweiten „Woche der Erziehungshilfe“ am Freitag (5. September) auf dem Rathausplatz in Barmen vor.
Konkrete Hilfestellung im Alltag
„Gerade die ersten drei Lebensjahre sind entscheidend für die Entwicklung eines Kindes“, betont die Psychologin. „Unsere Aufgabe ist es, die Eltern zu stärken und ihnen konkrete Hilfestellung im Alltag zu geben, damit ihre Kinder gut und gesund aufwachsen.“ Bereits in der Geburtsklinik des Bethesda-Krankenhauses wird der Kontakt zu den Familien gesucht. Auch in der Schwangerenberatung sowie über die Frauen- und Kinderärzte erfahren junge Eltern von dem Hilfsangebot.
Es reicht von Erziehungstipps am Telefon über Hausbesuche und die Begleitung zu Behörden und Kinderärzten bis hin zu zwei Spielgruppen und Aktionen zu Ostern oder Weihnachten. Pro Jahr nehmen rund 160 Familien die Unterstützung regelmäßig in Anspruch. Hinzu kommen rund 45 Familien, die intensiver betreut werden.
Kooperation mit dem Jugendamt
„Regelmäßig werden die Familien zu Hause besucht und wir besprechen welche Dinge gut gelingen oder gerade eher eine Herausforderung darstellen“, erklärt Sozialpädagogin Julia Rau. Weil es dabei kurz nach der Geburt auch oft um gesundheitliche Fragen geht, ist immer eine Familienhebamme oder Familienkinderkrankenschwester dabei – eine Besonderheit, die es nur bei der Diakonie gibt und deshalb auch den Namen „Flex plus“ (flexible Erziehungs- plus Gesundheitshilfe) trägt. Für dieses Hilfsangebot kooperiert die Diakonie mit dem Jugendamt, bei dem die Eltern einen Antrag auf Erziehungshilfe stellen.
„Viele Eltern wissen nicht, dass das Jugendamt diese Hilfe anbietet und es längst nicht nur um Inobhutnahmen und Kontrolle geht, wenn es eingeschaltet wird“, erklärt Julia Rau. „Gemeinsam mit den Eltern und dem Jugendamt legen wir fest, welche Unterstützung gewünscht wird und sinnvoll ist.“ Dabei kann es ganz konkret um die Anmeldung des Kindes nach der Geburt und die Kinderarztsuche gehen, um die richtige Ernährung und die „kindersichere Wohnung“, aber auch um die grundlegende Frage, wie eine gute Bindung zum Kind aufgebaut wird.Hand in
Hand mit den Eltern
„Viele Eltern, die Flex plus in Anspruch nehmen, kommen aus schwierigen Elternhäusern und haben in ihrer Kindheit wenig Liebe erfahren“, erklärt Beate Lampenscherf. „Sie lieben ihr Kind und wollen gute Eltern sein, wissen aber nicht wie. Genau dabei wollen ihnen helfen.“ Und zwar nicht bevormundend und kontrollierend, sondern partnerschaftlich und auf Augenhöhe, wie die Psychologin betont.
„Dazu gehört auch, dass wir keinen Druck ausüben, sondern vertrauensvoll miteinander umgehen“, ergänzt Julia Rau und berichtet von einer Frau, die vor einigen Jahren hochschwanger und wohnungslos zu den „Frühen Hilfen“ kam. Sie sei schüchtern bis abweisend gewesen und habe sich immer wieder gefragt, ob sie überhaupt eine gute Mutter sein könne. „Das hat sie geschafft und nicht nur das“, betont die Sozialpädagogin. „Sie hat auch noch einen Beruf erlernt und kann heute gut für sich und ihr Kind sorgen.“