Wuppertaler sucht dringend Wohnung „Ich will wieder am Leben teilnehmen“

Wuppertal · Am 16. Januar 2020 veränderte sich Daniels Leben von einer Sekunde auf die andere. Seit diesem Donnerstagmorgen ist für ihn nichts mehr, wie es mal war: Im Alter von 30 Jahren erlitt er einen Schlaganfall und eine Hirnblutung. Neben all den körperlichen Beeinträchtigungen ist für den einst unternehmungslustigen Langerfelder die Isolation am Schlimmsten. Die Wohnung, in der er und seine Mutter leben, ist nicht barrierefrei, verlassen kann er sie sehr selten und nur mit professioneller Hilfe. Die Suche nach einem besser geeigneten Zuhause ist bisher erfolglos.

 Daniel (33) sucht dringend eine barrierefrei Wohnung.

Daniel (33) sucht dringend eine barrierefrei Wohnung.

Foto: Simone Bahrmann

„Diesen Morgen werde ich nie vergessen. Ich wollte mich gerade auf den Weg zur Arbeit machen. Doch mein Sohn hatte auf einmal sehr starke Kopfschmerzen und konnte plötzlich nicht mehr sprechen. Er konnte auch nicht mehr schreiben, um etwas mitzuteilen“, erinnert sich Daniels Mutter.

Sofort kam der damals 30-Jährige ins Krankenhaus. Diagnose: Schlaganfall mit Hirnblutung. Es folgten eine Not-Operation, bei der ein Teil seines Schädelknochens entfernt werden musste – und eine siebenmonatige stationäre Intensiv-Reha. „Das war eine wirklich schreckliche Zeit, denn fast zeitgleich kam es zum ersten Corona-Lockdown. Ab Mitte März durfte ich meinen Sohn nicht mehr besuchen. Telefonieren und per Textnachrichten kommunizieren konnten wir nicht, er musste doch erst wieder sprechen und schreiben lernen“, sagt Daniels Mutter. Oft fuhr sie dennoch zu ihm, um ihn wenigstens am Klinik-Fenster zu sehen.

In den vergangenen beiden Jahren musste der heute 33-Jährige Dinge, die für andere in seinem Alter selbstverständlich sind, neu erlernen. Dabei hat er schon viele Fortschritte gemacht. Während unseres Besuchs zeigt er uns seine logopädischen Übungsblätter und erklärt uns, was ihm noch schwerfällt. „Oft will ich etwas sagen, aber mir fehlen die Worte. Eigentlich fehlen sie mir nicht. Ich weiß sie, aber ich kann sie einfach nicht sagen. Und das Schreiben fällt mir schwer. Ich bin eigentlich Rechtshänder, aber meine rechte Körperseite ist gelähmt. Deswegen lerne ich jetzt, mit der linken Hand zu schreiben“, so Daniel.

Seinen Hobbys und seinem Studium kann der Langerfelder auch nicht mehr nachgehen. „Ich bin ausgebildeter Mediengestalter, habe mich aber nach dem Abschluss noch mal für ein Studium in Köln für angewandte Informationswissenschaft entschieden. Das kann ich zurzeit nicht machen, ebenso wie viele andere Dinge. Ich habe in meiner Freizeit gerne Spiele programmiert und Webseiten. Geht alles nicht mehr.“

Auch das Laufen muss er neu lernen – und das fällt ihm unheimlich schwer. „Mit Krücken kann ich nur wenige Meter schaffen. Ich bin auf einen Rollstuhl angewiesen. Drei Mal die Woche kommt ein Ergotherapeut und wir machen Übungen. Eigentlich müsste ich auch ein spezielles Krafttraining machen.“ Dafür hat Daniel auch bereits ein ambulanbtes Reha-Zentrum in Schwelm ausgeguckt, doch die kaum zu überwindende steile Treppe bis in die vierte Etage, in der die Wohnung liegt, die er mit seiner Mutter gemeinsam bewohnt, schafft er nicht ohne professionelle Hilfe.

 Daniel kann zwar mit viel Mühe kurz aufstehen, aber die Treppe aus dem vierten Stock kann er nicht überwinden.

Daniel kann zwar mit viel Mühe kurz aufstehen, aber die Treppe aus dem vierten Stock kann er nicht überwinden.

Foto: Simone Bahrmann

„Wenn wir zu einem Arzttermin müssen, der für notwendig befunden wird, dann wird ein Krankentransport bezahlt. Für jeden privaten Ausflug müssen wir pro Tragerichtung, also nach unten und nach oben, je 110 Euro bezahlen. Es gibt auch etwas günstigere Angebote von anderen Anbietern, aber hier wissen wir, dass kräftige Angestellte kommen. Wir hatten nämlich schon den Fall, dass Daniel nicht runtergetragen werden konnte, weil er den Pflegern zu groß und zu schwer war“, so seine Mutter.

Es sind nicht nur die körperlichen Einschränkungen, die Daniel und seine Mutter belasten. Da jeder private Ausflug zusätzliche Kosten von 220 Euro mit sich bringt, können die beiden nicht spontan etwas unternehmen. „Wenn wir barrierefrei wohnen würden, könnte ich Daniel und seinen Rollstuhl ins Auto bekommen und mit ihm mal in die Stadt oder zu seinen Freunden fahren. Ein Treppenlift ist auch keine Lösung, danach haben wir schon geschaut. Wir suchen schon sehr lange nach einer geeigneten Wohnung. Auch mit Hilfe des Wohnungsamts, aber da kam bisher nichts. Wir finden einfach nichts, wir brauchen dringend was Neues“, so Daniels Mutter.

Und er sieht das genau so: „Das Schlimmste ist die Isolation. Ich will wieder am Leben teilnehmen! Klar kommen meine Freunde auch ab und zu mal. Ich kann mit ihnen ja nicht über WhatsApp texten. So weit ist das mit dem Schreiben und Lesen nicht. Ich will lieber raus oder zu ihnen. Ich wohne den Umständen geschuldet mit meiner Mutter zusammen, macht man ja normalerweise nicht in meinem Alter. Aber ich bin leider immer noch nicht ganz selbstständig.“

Daniel und seine Mutter freuen sich über Wohnungsangebote. Wichtig ist den beiden, dass sie etwa 80 Quadratmeter groß ist, im Erdgeschoss liegt und im Bereich Langerfeld, notfalls Schwelm, ist, da sich hier Daniels Therapeuten befinden. „Drei Zimmer sollte sie haben. Ein Balkon oder eine Terrasse wäre für Daniel toll. Am besten wäre natürlich, wenn die Wohnung komplett barrierefrei wäre, mit ebenerdiger Dusche zum Beispiel. Aber das ist kein Muss, ein Umbau könnte gefördert werden. Hochparterre ginge auch noch. Daniel schafft einige wenige Stufen, wenn sie breit genug sind und ein stabiles Geländer vorhanden ist “, sagt Daniels Mutter.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort