Unterwelt-Kenner sucht Nachfolge Bunker-Klaus: Seine Zukunft liegt jetzt über der Erde
Wuppertal · Wuppertals Unterwelt war seine Welt – doch jetzt zieht Klaus Stein der Liebe wegen nach Niedersachsen. Was aus seinen Führungen wird, ist noch offen.
Zugegeben. Von seiner Zeit in Wuppertal hat Klaus Stein ziemlich viel unter der Erde verbracht. Oder hinter ganz dicken Mauern. Da, wo andere Menschen eher Platzangst bekommen. Wo es meist sehr dunkel und feucht ist. Die Bunker, Stollen und Höhlen in der Stadt waren sein Metier. Mit Helm, Lampe und Dreck an der Arbeitskleidung – so fühlte er sich am wohlsten. Und nahm gerne Besucher mit in „seine“ Unterwelt.
Doch jetzt ist erstmal Schluss. Bunker-Klaus nimmt Abschied aus Wuppertal. Der Liebe wegen zieht es ihn nach Lehrte bei Hannover. Die Wohnung im Tal – schon gekündigt. Ob seine Touren am Paradeberg fortgesetzt werden, ist fraglich. Einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin würde sich Stein wünschen. „Das wird jedoch nicht leicht“, mutmaßt er. So verrückt und vernarrt in das Thema Bunker & Co. wie er seien vermutlich nur wenige. Aber: „Wenn jemand Lust hat, ich lerne ihn auch an.“
Es überrascht nicht, dass Stein die neue Frau in seinem Leben auch unter Tage kennengelernt hat. „Bei einer Führung im Kluterthöhlen-System war Monika das erste Mal dabei“, erzählt der 65-Jährige. „Und dann hat es ziemlich schnell gefunkt“, erinnert sich Stein. Jetzt plant er schon die Abmeldung aus Wuppertal.
„Das ist ein herber Verlust für die Stadt“, sagt Danica Dannenberg von Wuppertal Marketing. Die Führungen seien äußerst beliebt und immer ausverkauft gewesen. „Klaus Stein hat da so viel Arbeit reingesteckt, so viel recherchiert.“ Einige Teilnehmer, gerade die Zeitzeugen, seien ergriffen gewesen, erinnert sich Dannenberg, die selbst Touren mitgemacht hatte. Sie hofft, dass es vielleicht eine Fortsetzung geben wird. „Auch wenn es natürlich schwierig sein wird, eine Nachfolge zu finden.“
Die noch übers Stadtmarketing geplanten Termine in seinem Stammbunker „werde ich auf jeden Fall noch machen“, sagt Stein. Danach müsse man weitersehen.
Die ziemlich verlotterte Höhle, von der ein Teil vor Jahren einmal als Weinhandlung genutzt wurde, verwandelte Stein in eine kleine Attraktion, richtete sie ein, legte neue Gänge frei, sorgte für Licht, sodass sich auch die etwas mulmigeren Besucher dort reintrauten. „Es bleibt alles drin. Nur meine Bohrmaschine nehme ich mit.“
Stein verbrachte unzählige Stunden dort unten, las sich viel Wissen über die Geschichte dieses Bunkers, aber auch der anderen Schutzräume und -stollen zwischen Vohwinkel und Langerfeld an. „Die Erinnerung wachhalten“ – so beschrieb er immer sein Ziel, lud deshalb, wenn noch möglich, Zeitzeugen ein, die zu einem aus den Bombennächten im 2. Weltkrieg erzählten, zum anderen aus der Zeit, als die Bunker wie der an der Schusterstraße oder am Rott als Notunterkünfte nach 1945 dienten. „Die Zustände, unter denen die Menschen damals dort hausen mussten, kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.“
2014 war der ehemalige Kfz-Mechaniker nach Wuppertal gekommen. Die ersten Höhlengänge waren eine Art erfolgreiche Schocktherapie. „Weil ich an Klaustrophobie litt.“ Das Ergebnis: Stein bekam man praktisch gar nicht mehr raus aus der Tiefe. Am Anfang war er oft mit einer Gruppe Hobby-Forscher auf der Jagd nach dem Bernsteinzimmer unterwegs. Die Aussicht auf den Schatz habe ihn aber nicht angetrieben, erklärt er. „Das Bernsteinzimmer ist eh schon im Zweiten Weltkrieg zerstört worden“, ist er überzeugt.
Ihn habe dagegen die Historie rund um die Bunker, die Technik, etwa der Belüftungsanlagen, interessiert. Und natürlich sei er neugierig gewesen. „Es gab vieles zu entdecken.“ In den Gängen im Paradeberg etwa lässt sich anhand alter Flaschen Wuppertals Ära der Brauereien gut nacherzählen.
Wird er das alles denn vermissen? „Auf jeden Fall. Aber jetzt habe ich auch mal Zeit für was anderes“, sagt er und lacht. „Und zwar über der Erde.“ Doch so ganz lässt ihn seine Leidenschaft nicht los. Auch in Lehrte, das verraten Fotos in den Sozialen Medien, hat er sich mit seiner Monika erstmal einen alten Winkelturm angeschaut. Eine besondere Bauart von Bunker, von dem ein Exemplar auch in Wuppertal an der Else-Lasker-Schüler-Straße steht. „Natürlich hat es Spaß gemacht“, sagt Stein.
Ein bisschen Entdecker bleibt er also.