Wuppertaler Kirchengeschichte 1.600 Grabstätten ohne Titel und Denkmäler

Wuppertal · Die Niederländisch-reformierte Gemeinde (NRG) in Wuppertal feiert ihr 175-jähriges Jubiläum. Sie ist unter anderem bekannt durch den denkmalgeschützten „Rosenfriedhof“ in der Umgebung des deutschlandweit größten zusammenhängenden Villenviertels, des Briller Viertels in Elberfeld.

 Der „Rosenfriedhof“ im Briller Viertel.

Der „Rosenfriedhof“ im Briller Viertel.

Foto: Niederländisch-reformierte Gemeinde

Die Besonderheit des Friedhofes sind die gleichartig liegenden Grabsteine, die nur den Namen, das Geburts- und Todesdatum des Verstorbenen enthalten dürfen; dazu einen Rosenstock am Kopfende des Grabes ohne weiteren Blumenschmuck. Der Grundgedanke hierbei ist die Vorstellung: Im Tod sind alle Menschen gleich; Titel und Denkmäler sind nicht erlaubt.

Die Gemeinde hat sich 1847 gebildet aus einem intensiven Protest gegen Eingreifversuche des preußischen Staates in Kirchen- und Gottesdienstordnungen (Liturgien) mit dem Ziel, alles kirchliche Leben unter staatliche Kontrolle zu bringen.

Da die Gemeinde sich an den strengen reformierten Ritus in den Niederlanden orientierte, erhielt die Gemeinde im Unterschied zu der großen reformierten Gemeinde in Elberfeld vom preußischen König ihren jetzigen Namen. Ihr erster Pastor war der Niederländer Hermann Friedrich Kohlbrügge.

In den ersten Jahren stand die Gemeinde unter erheblichem Druck, da die umliegenden Gemeinden auf ihren gemeindeeigenen Friedhöfen die Beerdigungen der Verstorbenen der NRG nicht mehr gestatteten und diese zum Teil nur unter Polizeischutz stattfinden konnten. Das führte zur Eröffnung des „Rosenfriedhofs“ im Jahre 1851. Bis in die 1920er Jahre wuchs die NRG dann ständig, vermutlich bis auf etwa 1.500 Mitglieder.

Einer der Gemeindegründer war der Bankier Daniel von der Heydt vom früheren Bankhaus von der Heydt, Kersten & Söhne am Neumarkt in Elberfeld. In der Gemeinde gab es nach reformierter, biblisch begründeter Tradition die Unterscheidung zwischen Ältesten und Diakonen. Traditionell kümmerten sich die Diakone um die Armen in der Gemeinde.

Diese Struktur nahm der Stadtverordnete von der Heydt übrigens zum Vorbild für eine Neuorganisation des städtischen Armenpflegewesens, das sogenannte „Elberfelder System“ von 1852, das bis in die 1930er Jahre Bestand hatte. Das entsprechende Denkmal mit den drei Begründern steht heute wieder vor der heutigen evangelischen City-Kirche in Elberfeld, aus der sich die NRG seit 1847 entwickelt hatte.

In der Nazizeit kam es zu erheblichen Widerständen großer Teile der Gemeindemitglieder gegen die menschenverachtende Rassenideologie und den Druck der sogenannten „Deutschen Christen“. Die Folge war im Wesentlichen ein Anschluss an die „Bekennende Kirche“ und die Mitarbeit des damaligen Pastors Alfred de Quervain an der Abfassung der „Barmer Erklärung“ unter Federführung von Karl Barth in der Gemarker Kirche.

Nach der Zerstörung von Kirche, Gemeindehaus, Archiv, Verlag und zwei Pfarrhäusern im Jahr 1943, die auf dem Gelände der heutigen Diakonie Wuppertal standen, zog die Gemeinde an ihren jetzigen Standort mit eigenem Friedhof an der Katernberger Straße 61. Die Friedhofssatzung legt fest, dass die 1.600 Grabstätten für alle Verstorbenen mit christlicher Bindung (auch ohne Mitgliedschaft bei der NRG) verfügbar sind. 2002 hat sich die Gemeinde der „Altreformierten Gemeinde in Niedersachsen" als Vollmitglied angeschlossen.

Übrigens gibt es sehr gute Beziehungen zu den landeskirchlichen Gemeinden in Wuppertal. Die Beziehungen haben sich also im Vergleich zur Gründungsphase um 180 Grad gedreht, Eingriffe des Staates gehören seit 1945 der Vergangenheit an.

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