Zukunft des Bundesbahndirektionsgebäudes Vermarktungs-Rhetorik

Betr.: neues Bürgerzentrum in der Bundesbahndirektion Döppersberg

Keine Frage: Es ist zu begrüßen, dass die Bundesbahndirektion „in zentralster Citylage, mit bestmöglicher Erreichbarkeit und optimaler Eignung für einen zentralen Verwaltungsstandort“ (zitiert aus der Ratsvorlage vom 17. Februar 2020) nicht weiterhin dem Verfall preisgegeben und eine städtebauliche Aufwertung möglich erscheinen soll.

Aber trotz aller Euphorie seitens der CDU und der SPD in der letzten Ratssitzung, die immerhin auf der vom Investor Clees, dem an einer profitablen Vermarktung interessierten Eigentümer, vorgestellten Machbarkeitsstudie basiert, gehören zu einer ergebnisoffenen Prüfung gemäß Ratsbeschluss einige kritische Anmerkungen:

a) Das Gebäude steht seit 2008 leer, auch der Voreigentümerin Aurelis gelang wie Clees keine tragfähige Vermarktung des so hoch gelobten, denkmalgeschützten Gebäudes.

b) Der Plan, wonach Stadtwerke und Stadtverwaltung das Gebäude nach dem Out für das FOC zu gleichen Teilen anmieten sollten, scheiterte 2019 an den mietunwilligen WSW und der nicht mietzahlungsbereiten Stadtverwaltung, so dass man offensichtlich kurzerhand die WSW gegen das JobCenter austauschte.

c) Ob sich Synenergien durch die Zentralisierung ergeben, ist fraglich, weil die zu verlagernden Dienststellen nicht nach diesem Kriterium, sondern vorrangig nach dem Zustand der Gebäude ausgewählt wurden.

d) Eine Stärkung des Einzelhandels in Elberfeld ist nicht zu erwarten, da die zu räumenden Dienststellen und ihre Mitarbeiter/Kunden schon heute überwiegend in der Elberfelder City liegen beziehungsweise konsumieren. Die Verlagerung der Barmer Dienststellen nach Elberfeld bedeutet im Umkehrschluss eine Schwächung des Barmer Einzelhandels.

e) Die Ankündigung eines Bürgerzentrums mit Wohlfühlatmosphäre erscheint angesichts der Finanzlage der Stadt vollmundig und Teil der Vermarktungsstrategie zu sein, zumal man bei gutem Willen ähnliche Pläne schon früher hätte entwickeln können.

f) Angesichts von Digitalisierung und moderner Zeitarbeits- und Arbeitsplatz-Modelle (Homeoffice, SmartGovernment) muss die Größe der anzumietenden Flächen auf die Zukunft ausgerichtet sein, ein langfristiger Mietvertrag über 10.000 Quadratmeter verbietet sich aus diesen Gründen. Die Zunahme online zu erledigender Verwaltungsgeschäfte spricht eine deutliche Sprache (siehe Zulassungsstellen).

g) Das Argument, die Stadtverwaltung als Mieterin erspare sich durch die Abmietung (siehe Ratsvorlage) städtischer Büros etwa 900.000 Euro an Mietkosten, ist irreführend, weil das städtische Gebäudemanagement (GMW) als Vermieterin gleichzeitig Mieteinnahmen in dieser Höhe verliert. Derartige Mindereinnahmen erschweren zukünftige Investitionen des GMW in Schulen und KiTas.

h) Die Räumung sanierungsbedürftiger/abrisswürdiger Immobilien erspart nicht der Stadtverwaltung (Mieterin) entsprechende Investitionen für deren Sanierung/Abriss, sondern wie üblich dem Vermieter, also dem GMW. Daher können diese Ersparnisse nicht der Stadtverwaltung zugerechnet werden. Demzufolge investiert angeblich der Investor Clees in den Umbau der Bahndirektion, wobei diese Aufwendungen sicherlich auf die Mieten aufgeschlagen werden.

i) Der Verkauf maroder und die Vermietung sanierungsbedürftiger, städtischer Gebäude zur Gewinnerzielung erscheinen problematisch, erwies sich doch selbst die Top-Immobilie Bahndirektion über fast zwei Jahrzehnte als unverkäuflich/unvermietbar.

k) Die angestrebte Verbesserung der Standards für die Mitarbeiter der Umzugsdienststellen kann als zusätzliche Vermarktungs-Rhetorik aufgefasst werden, die die Mitarbeiter der PCB-belasteten WSW-Zentrale seit Jahren zu hören bekommen.

Vorläufiges Fazit: Die publizierten Argumente pro Zentralisierung sollten kritisch geprüft, Alternativen kreativ erarbeitet werden. Ob man so weit gehen sollte wie der Stadtverordnete Sander (Die Linke) in der letzten Ratssitzung, der mutmaßte, „man wolle dem Investor zu Willen sein“, ist dem Leser zu überlassen.

William Schulz

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