Stolz wie Oskar

Upcycling ist älter als man denkt. Nur stand diese handwerkliche Fähigkeit früher unter einem anderen, von Not getriebenen Vorzeichen. Ich kann mitreden, denn alt genug dafür bin ich ja.

Nachkriegsjahre! Wir waren jung, wir hatten nichts, und wir wollten trotzdem schick sein. Also war das Motto: "Aus alt mach' neu!" So mussten also ausrangierte, fehlerhafte und verschlissene Altkleider herhalten, mit viel Fantasie aus zwei oder drei alten Teilen etwas Neues zu "basteln". Und (Not macht erfinderisch) es kamen stets schicke Klamotten dabei heraus.

Unsere moderne Wegwerfgesellschaft hat überhaupt nicht das notwendige Vorstellungsvermögen zu solchem kreativen Tun. Und was so einmal drin ist, das hält sich auch über die Wirtschaftswunderjahre, denn diejenigen, die es konnten, nähten auch in dieser Boomzeit ihre Kleider selbst und waren stolz wie Oskar, eigene Entwürfe zu tragen.

Das große Kaufen kam erst viel später — und heute, in der Ära der Billigangebote (leider auf Kosten der Ärmsten bei der Herstellung) kann der Mülleimer nicht groß genug sein.

Schön deshalb, dass sich junge kreative Köpfe daran machen, etwas wieder aufleben zu lassen, was uns damals Jungen half, "schick gewandet" in das Leben zu starten, das nach den schlimmen Jahren wirklich nicht einfach war.

Erika C. Osenberg

Rottscheidter Straße

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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