Wer übernimmt die Verantwortung für Wuppertals Skandale? Noch nie so schlecht regiert gefühlt

Betr.: Schwebebahn, Döppersberg-Mauer und anderes mehr

Die Lektüre der Wuppertaler Rundschau vom 4. Juli 2020 („Das Schwebebahn-Debakel“, Seite 1, „Die Mauer muss 'vernetzt' werden“, Seite 6, Interview mit Ralf Geisendörfer, Seite 7) hat mich tief deprimiert. Wie in einem Brennglas zeigt sich, was mittlerweile aus unserer Stadt geworden ist. Johannes Rau müsste sich im Grab umdrehen.

Wolfgang Steuer listet in seinem Leserbrief (Seite 2) alle bisherigen Wuppertaler Skandale präzise auf. Seit ein paar Wochen schon schwebt nun das Desaster mit der Mauer wie ein Damokles-Schwert über dem Döppersberg. Mehrere Jahre waren wir Wuppertaler Opfer des Umbaus. Versprochen wurde uns ein „Leuchtturmprojekt“, und der damalige OB Peter Jung sprach 2014 von einem „Zeichen für die Zukunftsfähigkeit und den Gestaltungswillen Wuppertals“. Jetzt müssen Passanten über Monate aufwendig vor „Gefahr für Leib und Leben“ (Gutachten im Mai 2020) durch abplatzende Steine geschützt werden, bevor der Döppersberg erneut zur Baustelle wird.

Und nun kommt eine neue Hiobsbotschaft in Sicht: Die Schwebebahn, Wuppertals weltweit bekanntes Wahrzeichen, soll ein ganzes Jahr lang werktags nicht mehr fahren. Aber die Wuppertaler sind ja Kummer gewöhnt und sie haben sich erst vor kurzem mit dem neunmonatigen Ersatzverkehr mit Bussen arrangiert. Wen kümmert denn der Klimaschutz?

Ich habe mich vom Rat und der Verwaltung der Stadt Wuppertal noch nie so schlecht regiert gefühlt. Und wieder ist da keiner, der die Verantwortung übernehmen will. Der alte Schlendrian wird weitergehen. Der Buchhändler Geisendörfer, der viel Lebenszeit für Wuppertal geopfert hat, ist jetzt verbittert und angewidert aus der CDU ausgetreten: Er kann die „blanke Gier (nach Posten) und das Machtstreben in den Augen“ der Parteigenossen nicht mehr ertragen.

Als 1992 Skandale, Affären und Zerstörung über das englische Königshaus hereinbrachen, nannte Königin Elisabeth jenes Jahr ein „Annus horribilis“ (= lateinisch für „schreckliches Jahr“). Die Corona-Krise 2020 hat Unheil und Not über alle Städte und Länder in Deutschland gebracht. Es hat den Anschein, dass die Verantwortlichen in Wuppertal noch Schlimmeres verkraften können.

Ich schäme mich für meine Stadt.

Heinz Dieter Mück

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