Kein „bedauerlicher Einzelfall“

Betr.: "Gerichts-Flop für Ordnungsamt", Rundschau vom 20. Mai

Wer als Besucher diese Gerichtsverhandlung miterlebt hat, kam aus dem Staunen nicht heraus. Wer Verkehrsschilder lesen und deren Bedeutung zuordnen kann, kann nur zu dem Schluss kommen, dass das Fahrzeug nicht verkehrswidrig geparkt wurde. Bestätigt hat das — ungewollt — eine Politesse als Zeugin. Ihre Aussage war eindeutig: "Die Halteverbotsschilder sind für das Ordnungsamt nicht maßgeblich, weil sie nicht von der Stadt Wuppertal aufgestellt worden sind, sondern von privat." Erinnert sei daran, dass das Fahrzeug in einer Privatstraße außerhalb des eingeschränkten Halteverbotsbereiches stand. Hätte dann nicht zuerst die Beschilderung geändert werden müssen? Möglicherweise gibt es in Wuppertal eine neue (Un-)Rechtsordnung: Demnach müssten künftig alle Autofahrer, die ihr Fahrzeug irgendwo parken, sich zuvor bei allen zuständigen Ämtern schriftlich bestätigen lassen, dass das erlaubt ist.

Die Verhandlung hat insgesamt anderthalb Stunden gedauert. Den Vorschlag des Richters (Einstellung des Verfahrens, Kosten zu Lasten der Beklagten Frau R.) hat Frau R. abgelehnt. Ihre konsequente Haltung, gegebenenfalls auch in die nächsthöhere Instanz zu gehen, die große Anzahl von Zuhörern sowie die Aussage eines von ihr aufgerufenen Zeugen haben dann geradezu zwangsläufig zu dem Freispruch geführt. Dieses Urteil hätte bereits nach 15 Minuten nach der Aussage der Politesse gefällt werden können, ja müssen.

Für diese Gerichtsverhandlung mit Gerichts- und Anwaltskosten muss der Steuerzahler herhalten, weil nicht nur die Politesse, sondern auch andere amtliche Mitarbeiter einer Bürgerin (beliebt sind Autofahrer, die sich nicht wehren) eine Straftat unterstellt haben. Wann werden diese, die Angestellte der Bürger sind, für ihr Tun zur Verantwortung gezogen und zur Kasse gebeten? Wo bleiben Verbraucherschützer und der Bund der Steuerzahler? Es handelt sich hier nämlich nicht um einen "bedauerlichen Einzelfall".

Udo Schneider, Dahlienweg

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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