"Auf ein Wort" zum Weihnachtsfest 2018 Eine Demonstration der Liebe Gottes

Wuppertal · Was für eine Demonstration — ausgerechnet an Heiligabend. Völlig unangemeldet. Sie zieht nicht vom Berliner Platz über die B 7 zum Alten Markt — nein, die Route folgt einem Stern am Himmel. Keine Plakate, keine Banner, keine Lautsprecherparolen.

 Superintendentin Ilka Federschmidt und Stadtdechant Bruno Kurth.

Superintendentin Ilka Federschmidt und Stadtdechant Bruno Kurth.

Foto: Bettina Oswald

Die Polizei marschiert nicht auf, um Demonstranten und Gegendemonstranten auseinander zu halten.

Diese Demo passiert, während der römische Staat mit seinem Kaiser eiserne Gesetze über das jüdische Volk erlässt, römische Soldaten durchs Land marodieren, jüdische Widerstandskämpfer in den Bergen Galiläas zur Gewalt greifen, Kollaborateure Geschäfte mit der Situation machen und viele Menschen in die innere Emigration gehen. Während das Leben also so ist wie es ist, mit allem Elend.

Was für eine Demo. Unangemeldet — aber nicht unangekündigt. Die Propheten haben lange schon so eine Demo kommen sehen: "Uns ist ein Kind geboren…; und er heißt Friedefürst", "ein Gerechter und ein Helfer".

Dieser Demonstration schließen sich heruntergekommene Schafhirten auf den Feldern von Bethlehem an. Über denen geht der Himmel auf und Engelchöre singen "Frieden auf Erden". In einem Stall weitet sich die kleine Welt und die Tür öffnet sich für Menschen aus der Fremde, für die Weisen aus dem Morgenland, dem heutigen Iran. Keine "Raus!"-Rufe erklingen.

Nein, an diesem Kundgebungsort können alle Ängste vor den Fremden, die so ganz anders sind, beruhigt schweigen. Es gibt keine Reden, keine starken Töne und geschüttelten Fäuste, sondern nur das Gotteskind in der Futterkrippe — das lebendige Versprechen der Liebe Gottes.

An Heiligabend geraten wir mitten hinein in eine überwältigende Demonstration der Liebe Gottes. Das Jesuskind in der Krippe ist ihr Kundgebungsort. Niemand muss hier um seinen Platz fürchten und ihn gegen andere verteidigen. Hier erfahren Menschen, so verschieden sie sind, dass sie Gottes Kinder sind und als solche bei ihm Heimat haben. Das Gotteskind, das ganz Mensch wird, verbindet zur Menschenfamilie. Gott zeigt sich in einem Kind, das Ängste und Hass mit entschlossener Liebe überwindet.

Blind ist diese Liebe nicht. Das Kind in der Krippe ist später der Mann am Kreuz. Er setzt das eigene Leben ein. Aber gerade diese Liebe ist eine gewaltige Kraft gegen Angst und Vorurteile, die uns Menschen entsolidarisieren. Sie setzt auf Segen, nicht auf Fluch. Auf Teilhabe, nicht auf Gewinn. Sie setzt auf die Macht der Hingabe und die Ansteckungskraft der Solidarität Gottes mit uns.

Was für eine Demonstration am Heiligen Abend. Andere braucht es an diesem Tag nicht. Wirklich nicht. Wir sind aufgerufen, uns dieser Demonstration anzuschließen. Tausende Menschen werden kommen — in die vielen Gottesdienste am Heiligen Abend. Die Türen sind offen und die Herzen ebenso, auch für alle, die den christlichen Glauben nicht teilen — aber geneigt sind, auf die Botschaft der Engel zu setzen: Friede auf Erden!

Superintendentin Ilka Federschmidt und Stadtdechant Dr. Bruno Kurth

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