1. Weihnachten

Muslime und Weihnachten: „Mit dem Kopftuch in die Kirche“

Muslime und Weihnachten : „Mit dem Kopftuch in die Kirche“

Als Muslim Weihnachten feiern, geht das? Neun Flüchtlinge eines Sprachkurses sagen ganz klar „ja“. Sie berichten von einem lebendigen Miteinander mit Christen in ihrer alten Heimat – und dass sie sich das auch für ihr Leben in Wuppertal wünschen.

Das Verhältnis von Christen und Muslimen wird oft als konfliktbeladen oder sogar unversöhnlich dargestellt. Ein ganz anderes Bild zeichnen die muslimischen Flüchtlinge des Sprachkurses, den der studierte Archäologe Jörg Scheidt in der Akzent-Schule in Wichlinghausen gibt. Dort stand jetzt das Thema „Weihnachtsfest“ auf dem Stundenplan und die Männer und Frauen, die alle seit etwa einem Jahr in Deutschland leben, waren gefragt zu berichten, wie sie das Fest kennen.

Nesrin (32) aus Syrien: „Weihnachten haben wir zusammen gefeiert, haben gewichtelt und gemeinsam eine besinnliche Zeit genossen.“ Salva (32), die bis zu ihrer Flucht in Damaskus gelebt und dort studiert hat, erzählt freudig von den vielen Weihnachtsbäumen in den Häusern und auf den Straßen – und davon, wie verbunden Muslime und Christen insgesamt miteinander gelebt haben. Und zwar nicht nur an diesem Tag: „Meine beste Freundin damals war Christin. Wenn Ramadan war, hat sie mit mir gefastet.“ Hamsi (37), ebenfalls aus Syrien: „Ob Weihnachten oder Zuckerfest, wir haben uns gegenseitig besucht und schöne Stunden erlebt.“ Eray (63) aus Bulgarien lebte mit seiner Familie zwar eher zurückgezogen, zum Fest der Liebe allerdings waren die Nachbarn, egal ob Christen oder Muslime, ins Haus eingeladen. Shemal (39), der den weiten Weg vom Irak nach Deutschland fast ausschließlich zu Fuß bewältigt hat, berichtet davon, wie er mit seinen christlich-orthodoxen Freunden und Freundinnen immer Anfang Januar Weihnachten mit einem großen Feuerwerk, mit Essen und Trinken gefeiert hat und sagt: „Wir waren eine gute Gemeinschaft.“

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Ob Christ oder Muslim, das spielte auch bei Salwa (38) aus dem Irak keine Rolle: „Wir haben im Freien miteinander gesungen, getanzt und uns gefreut.“ „Weihnachten mit Geschenken unterm Tannenbaum, das gehörte bei uns dazu. Vor allem die Kinder haben verständlicherweise dem Fest förmlich entgegengefiebert“, so die 22-jährige Dzemilja aus Serbien. Die Großeltern besuchen, das hatte für Noura (45) aus Homs in Syrien am 1. Januar Tradition: „Dort traf sich dann die ganze Familie mit muslimischen wie christlichen Freunden zum Feiern, zum fröhlichen Austausch.“ Und für Iman (37) aus Syrien, die sich als strenggläubige Muslima bezeichnet, war es, wie für viele muslimische Frauen in ihrer Heimat, üblich, Weihnachten dort zu beginnen, wo es auch für Christen anfängt: „Wir sind mit dem Kopftuch in die Kirche gegangen.“

Und in einem Punkt sind sich alle einig: Das, was für sie vor der Flucht üblich war, das wünschen sie sich auch für ihre neue Heimat Wuppertal. Jörg Scheidt überrascht das nicht. „Dass Muslime und Christen nicht zusammenpassen, ist ein Klischee, das von extremistisch motivierten Zeitgenossen aufgebaut wird. Dazu gehört auch, die Religion missbräuchlich zu instrumentalisieren, um rassistisches Gedankengut zu legitimieren.“

Scheidt blickt auf seine Schüler: „Die Klasse hier steht für das gelebte Gegenteil. Dafür, dass Feiertage die Identität mit dem jeweiligen Glauben und das gemeinsame Feiern von Feiertagen tolerantes Miteinander stärken.“