Ökumenische Weihnachtsbotschaft für Wuppertal „Solidarisch sein und handeln“

Wuppertal · Die ökumenische Weihnachtsbotschaft 2022 von Ilka Federschmidt (Superintendentin im Ev. Kirchenkreis Wuppertal) und Dr. Bruno Kurth (Stadtdechant in Wuppertal).

Ilka Federschmidt und Dr. Brune Kurth.

Ilka Federschmidt und Dr. Brune Kurth.

Foto: Daniel Edlauer

Früher, sagt der Bischof Stanislaw S. von Odessa in der Ukraine, habe er die Friedensvisionen von Jesaja wunderbar gefunden. „Schwerter zu Flugscharen“, Wolf und Lamm, Säugling und Natter friedlich beieinander – alle diese Friedensbilder verdanken wir dem Propheten Jesaja. Er machte mit ihnen dem Volk Israel, das leidvoll Krieg, Zerstörung der Heimat und Verbannung in Babylon erdulden musste, Mut und Hoffnung auf eine andere Zeit.

Wir hören sie immer noch jeden Advent in der Vorbereitung auf Weihnachten, dem Fest der Zeitenwende überhaupt. Denn wir glauben, mit der Geburt Jesu ist ein neuer Anfang gesetzt, dass diese Verheißungen eingelöst werden. Gott will, dass wir in Frieden leben.

Jetzt aber ist Krieg, müssen wir wieder einmal klagen, und anderswo brutale Unterdrückung des eigenen Volkes wie im Iran. „Heute hoffen wir, dass der Aggressor, der mit dem Schwert zu uns gekommen ist, auch durch das Schwert sterben muss“, so derselbe Bischof mit Worten, die wir aus sicherer Distanz in dieser Härte kaum auszusprechen wagen.

Aber doch verständlich aus dem Mund des angegriffenen Volkes, das seine Freiheit und Gerechtigkeit verteidigen muss, ohne die es keinen wirklichen Frieden geben kann. „Frieden kann nicht erreicht werden, indem ein angegriffenes Land seine Waffen niederlegt. Das wäre nicht Frieden, sondern Besatzung“, sagt die diesjährige Friedensnobelpreisträgerin, die Ukrainerin Olexandra Matwijtschuk.

Angesichts des Krieges in der Ukraine, der uns nahe ist und dessen Auswirkungen wir spüren, fällt es nicht leicht, über den richtigen Weg zum Frieden zu sprechen. Früher selbstverständliche Aussagen christlicher Friedensethik werden der Prüfung einer neuen Realität unterzogen. Die Politik vollzieht eine Wende; die Sicherheits- und Friedenspolitik wird aufgrund nicht mehr zu leugnender Enttäuschungen und Einsichten neu gestaltet.

Wir wissen noch nicht, wie dieser Krieg mit seinen Folgen für Europa weitergehen wird. Wir wünschen und erhoffen sein Ende. Wir beten an diesem Weihnachtsfest dringlicher als sonst für den Frieden. Ehrlich für den Frieden beten, ja selbst schon ehrlich den Frieden wünschen, können wir nur, wenn wir bereit sind, selber zu tun, was wir können. Es wäre eine billige Gnade, es einfach Gott zu überlassen.

Bei aller Ungewissheit ist es einiges, was wir tun können. Den Kriegsflüchtlingen können wir Gastfreundschaft und Hilfe bieten, in Wuppertal tun wir das tausendfach. Die hoffentlich wirksamen Ausgleichsmaßnahmen der Politik können wir durch unser solidarisches Handeln verstärken. Wer das Wasser bzw. die Euros aus den sozialpolitischen Gießkannen nicht braucht, ist frei, sie weiterzugeben.

Überlegen Sie, gehören Sie nicht auch dazu? Wir hören, dass viele Mitbürgerinnen und Mitbürger, Familien und Freunde ihr Herz zu Weihnachten nicht der Not dieser Zeit verschließen und anders feiern als sonst. Weniger Geschenke und Aufwand, aber nicht weniger Freude, nur eine andere. Was gespart wird, geben sie für die, die es nötig brauchen, ob in der Ukraine oder hier in Wuppertal. „Wer durch steigende Preise in Not gerät, soll damit nicht allein gelassen werden.“

Wir sind als Stadtgesellschaft stark genug – und unser Land ist es auch –, uns nicht spalten zu lassen, sondern im Gegenteil solidarisch zu sein und zu handeln. Die Solidarität innerhalb unserer Gesellschaft ist Teil der Solidarität mit den Menschen und der Ukraine, die unsere Werte Freiheit, Selbstbestimmung und Gerechtigkeit als Grundlagen jedes wahren Friedens verteidigen.

Wir handeln und beten. Das Beten hilft, weil es unserer Hoffnung auf Frieden eine Sprache gibt. Eine Sprache, mit der wir uns dem Grund der Hoffnung zuwenden, der unsere menschlichen Möglichkeiten und Kräfte übersteigt. Wer will in diesen Zeiten seine Hoffnung allein auf den Menschen setzen? Im Gebet hat alles seine Zeit und Raum vor Gott: die Anklage, die Frage und Ungewissheit, die Not, die Aggression, die Klage und das Warum, die Sehnsucht und die Bitte, der Dank, die Freude und das Lob.

Unser christliches Gebet steht unter dem Maßstab Jesu, der als erwachsener Meister zu beten lehrte „Dein Reich komme! Dein Wille geschehe!“ Wer das betet, kann sich mit der Wirklichkeit nicht abfinden. Wer so betet, behält Hoffnung. Den Grund dieser Hoffnung und seinen neuen Anfang feiern wir Christen mit der Geburt Jesu Christi.

Wir wünschen Ihnen und Ihren Angehörigen ein friedvolles und frohes Weihnachtsfest und möchten mit Ihnen hoffen und beten, dass dieser Krieg und die anderen bald ein Ende finden.

Ilka Federschmidt, Superintendentin im Ev. Kirchenkreis Wuppertal
Dr. Bruno Kurth, Stadtdechant in Wuppertal

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