Stattdessen Ex-Klinik Aprath? CDU lehnt „Kleine Höhe“ als Forensik-Standort nun ab

Wuppertal / Düsseldorf · Kehrtwende in der Diskussion um den Standort für den Bau einer forensischen Klinik: Die CDU hat am Montagabend (4. Mai 2020) mitgeteilt, dass sie sich „gegen den Bau der Forensik auf Wuppertaler Stadtgebiet“ ausspreche und damit der „wichtige Naturraum der Kleinen Höhe“ unangetastet bleibe. Die Fraktion bringt stattdessen wieder das Gebiet der ehemaligen Lungenklinik Aprath ins Spiel.

 Der CDU-Landtagsabgeordnete Martin Sträßer spricht sich für die ehemalige Klinik Aprath aus.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Martin Sträßer spricht sich für die ehemalige Klinik Aprath aus.

Foto: CDU

Der „angebliche Kriterienkatalog zur Findung eines Standortes für die Forensik der ehemaligen Ministerin Steffens“ sei nie öffentlich gemacht worden, heißt es von Seiten der Chirstdemokraten. Und weiter: „Die für die Stadtentwicklung entscheidend wichtige Ausweisung von neuen Gewerbeflächen wird zügig auf anderen Flächen umgesetzt, deren naturräumliche Bedeutung geringer einzuschätzen ist als die der Kleine Höhe.“ Die ausführliche Bergründung der Fraktionsvorsitzenden Hans-Jörg Herhausen und Ludger Kineke sowie der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Barbara Becker im Wortlaut:

„1. Dass in NRW und auch im Landgerichtsbezirk Wuppertal zusätzliche Plätze im Maßregelvollzug für psychisch kranke Straftäter geschaffen werden müssen, erkennt die Wuppertaler CDU-Ratsfraktion ausdrücklich an.

2. Jedoch ist unverändert nicht nachzuvollziehen, warum ausgerechnet unsere Stadt seitens des Landes als Standort ausgewählt worden ist. Unter anderem wurde der Kriterienkatalog nicht öffentlich gemacht, aufgrund dessen ein Standort für eine Forensik ausgewählt wurde. In diesem Zusammenhang wurde durch den Landtagsabgeordneten Martin Strässer (CDU) darauf hingewiesen, dass die Klinik Aprath weiter ungenutzt sei. Dieser Alternativstandort könnte noch einmal ins Gespräch gebracht werden.

3. Nachdem die damalige rot-grüne Landesregierung als Standort das landeseigene Gelände der Bereitschaftspolizei auf Lichtscheid ausgewählt hatte, hat die Stadtverwaltung als Alternative eine Teilfläche der Kleinen Höhe vorgeschlagen, um die Fläche auf Lichtscheid für eine dringend benötigte Ausweisung als Wohngebiet zu erhalten.

4. Mittlerweile haben sich die Rahmenbedingungen jedoch erheblich verändert: Die Bereitschaftspolizei wird am Standort Lichtscheid bleiben. Stattdessen will das Land die Forensik auf dem ebenfalls landeseigenen Gelände an der Parkstraße errichten, falls bis Mitte 2020 kein Satzungsrecht für die Forensik auf der Kleinen Höhe geschaffen wird. Das Land hat erklärt, dass es der Stadt Zugriff auf das Gelände an der Parkstraße gewährt, wenn die Stadt vor der Sommerpause einen Beschluss über einen Bebauungsplan für die Forensik auf der Kleinen Höhe fasst. Das Gelände an der Parkstraße könnte dann einer gewerblichen Nutzung zugeführt werden. Allerdings ist davon auszugehen, dass das Land den Zugriff auf das Gelände Parkstraße erst gewährt, wenn der Bebauungsplan Kleine Höhe rechtskräftig ist. Aufgrund des erheblichen Widerstands in der Bevölkerung ist mit langdauernden Gerichtsverfahren zu rechnen, die gewerbliche Nutzung des Geländes an der Parkstraße würde sich entsprechend verzögern.

5. Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens für die Kleine Höhe ist die ökologische Bedeutung dieser Fläche intensiv untersucht und bestätigt worden. Die Kleine Höhe hat eine wichtige Funktion für Klima und Frischluft, Artenschutz und Freiraum. Außerdem ist deutlich geworden, wie groß der Stellenwert dieser Fläche als Naherholungsgebiet und zentraler Bestandteil des großen Grüngürtels nördlich Wuppertals ist. Und wie groß die Bedeutung ist, die diese Fläche für sehr viele Bürgerinnen und Bürger hat. Dies erklärt auch den großen Widerstand gegen die Ausweisung als Standort für eine Forensik. Die Kosten für die Erschließung dieser Fläche, für die verkehrliche Anbindung, für den Artenschutz und andere notwendige Maßnahmen sind sehr hoch. Bis heute ist nicht geklärt, ob diese Kosten in vollem Umfang vom Land als Käufer übernommen würden.

6. Diese Aspekte hat die CDU-Ratsfraktion intensiv beraten und abgewogen. In diese Beratungen haben wir auch die Bürgerinitiative Kleine Höhe einbezogen. Besonders bedanken wir uns bei unserem Oberbürgermeisterkandidaten Uwe Schneidewind, der sich engagiert in diese Meinungsbildung eingebracht hat. Bei diesen Beratungen ist auch berücksichtigt worden, dass die Kleine Höhe im Flächennutzungsplan weiter als Potenzialstandort für eine gewerbliche Nutzung ausgewiesen wird.

7. Vor diesem Hintergrund hat sich die Wuppertaler CDU-Ratsfraktion nach intensiver Beratung dazu entschieden, den Bebauungsplan für den Bau einer Forensik auf der Kleinen Höhe abzulehnen. Der Kreisvorsitzende der Wuppertaler CDU Dr. Rolf Köster unterstützt diese Position ausdrücklich.

8. Gemeinsam mit unserem Bündnispartner und anderen Fraktionen im Stadtrat wird es für diese Ablehnung eine eindeutige Mehrheit geben. Damit bleibt die Kleine Höhe das, was sie heute ist: ein Naherholungsgebiet und zentraler Bestandteil des großen Grüngürtels nördlich Wuppertals. 9. Nach diesem Ratsbeschluss werden wir unverzüglich das Gespräch mit der Landesregierung suchen, um mit allem Nachdruck dafür einzutreten, den Verzicht auf den Bau einer Forensik im Wuppertaler Stadtgebiet zu erreichen.

0. Falls uns dies nicht gelingen sollte und das Land das ihm zur Verfügung stehende Planungsrecht zur Errichtung einer Forensik nutzen würde, wird die CDU-Fraktion sich dafür einsetzen, dies durch rechtliche Mittel zu verhindern.

11. Falls das Land an der Parkstraße die Forensik errichten würde, stünde diese Fläche (ca. 5 ha) nicht mehr für eine ansonsten mögliche und beabsichtigte gewerbliche Nutzung zur Verfügung.

12. Nach wie vor benötigt unsere Stadt dringend zusätzliche Gewerbeflächen. Allerdings gibt es mittlerweile dafür geeignete Grundstücke. Diese müssen zeitnah entwickelt und vermarktet werden:

- Spitzenstraße (2 ha): dieses Grundstück soll jetzt angekauft werden und kann nach Abschluss des B-Planverfahrens voraussichtlich 2022 vermarktet werden

- Fläche Buntenbeck (2 ha), die zusammen mit der benachbarten, gleich großen (2 ha) städtischen Fläche entwickelt und vermarktet werden kann und

- Fläche Düsseldorfer Straße/Bahnstraße (bis zu 7 ha).

- Damit auch im Wuppertaler Osten angemessen große Gewerbeflächen zukünftig zur Verfügung gestellt werden können, wird auch das Gebiet „Linde“ in den Blick genommen. In der Nähe dieser Fläche befinden sich bereits Gewerbeflächen, sodass sie für eine Flächenentwicklung in Betracht käme. Darüber hinaus ist die langfristige Entwicklung der Fläche Blombach-Süd geplant. Von großer Bedeutung ist, dass die erwähnten Gewerbeflächen zügig entwickelt werden, damit der Stadt mittelfristig ausreichende Gewerbeflächen zur Verfügung stehen.

Fazit: Mit diesen Beschlüssen wird die CDU einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, ökologische und ökonomische Ziele miteinander zu verbinden: Wirtschaftliches Wachstum und Bewahrung der Schöpfung sind für uns keine Gegensätze, sondern unverzichtbare und miteinander verbundene politische Ziele der Stadtentwicklung. Außerdem beseitigen wir mit diesen Beschlüssen eine Konfliktsituation, die die Wuppertaler Stadtgesellschaft seit Jahrzehnten spaltet. Diese ,Versöhnung‘ ermöglicht es, dass sich unsere Stadtgesellschaft den großen Zukunftsaufgaben zuwendet, die nach der Corona-Krise all unsere Kraft erfordern werden.“

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