Wuppertaler Verein hilft in Ukraine „Ein Leben in ständiger Angst“

Wuppertal · Seit 22 Jahren schon unterstützt der Wuppertaler Verein „Mensch zu Mensch“ die Bevölkerung und das Krankenhaus der kleinen Stadt Butschatsch in der West-Ukraine mit einem jährlichen Hilfstransport.

Ein Bild von den Kriegszerstörungen in Winnyzja, das nicht allzu weit von Butschatsch entfernt liegt.

Ein Bild von den Kriegszerstörungen in Winnyzja, das nicht allzu weit von Butschatsch entfernt liegt.

Foto: Verein "Mensch zu Mensch"

Mit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar hat der Verein sein Engagement gesteigert: Sieben Hilfstransporte mit medizinischem Material, Lebensmitteln, Tierfutter und Kleidung sind bisher in Richtung Front im Osten auf den Weg gebracht worden. Der nächste wird gerade vorbereitet.

Peter Klein, Vorsitzender von „Mensch zu Mensch“: „Die Situation ist dramatisch und die jetzt einsetzende Kälte des Winters verschlimmert die Lage zusätzlich. In weiten Teilen des Landes ist die Infrastruktur für Heizung und Strom defekt, die Versorgung mit Lebensmitteln und adäquater Kleidung schwierig. Zu wissen, wie die Menschen, vor allem aber die Kinder, unter diesen Umständen Tage und Nächte überstehen müssen, ist schwer zu ertragen.“

Entsprechend froh sind er und seine Mitstreiter und Mitstreiterinnen über die Spendenbereitschaft in Wuppertal und im Bergischen Land: Ein Velberter Unternehmer, der Thermounterwäsche im Wert von 50.000 Euro zur Verfügung stellte, die Wuppertaler Berufsfeuerwehr, die den Verein schon seit langem mit ausgemusterten Rettungswagen und jetzt zusätzlich mit einem Löschfahrzeug, einem Krankentransportwagen, Feuerschutz-Kleidung und Notstrom-Aggregaten versorgte, die Firma Steinhaus aus Remscheid, die 2.500 Kilogramm Kochsalami zum Lager des Vereins brachte, Krankenhäuser, die Geräte, OP-Bestecke, Verbandsmaterial, Arzneimittel und Titannägel für Knochenbrüche nach Schussverletzungen sponserten und viele weitere Spenden von Unternehmen und Einzelpersonen – sie alle ermöglichten und ermöglichen es, die Hilfe für die Ukraine aufrecht zu erhalten.

Wobei der „Mensch zu Mensch“-Vorstand jetzt auch umdenkt. Peter Klein: „Früher hat ein Transport etwa 800 Euro gekostet, jetzt verlangen einige Spediteure schon mehrere Tausend Euro. Vor diesem Hintergrund haben wir uns entschieden, keine Lebensmittel mehr zu fahren, sondern diese vor Ort herstellen zu lassen.“ Damit will man auch die Betriebe in der Ukraine durch Aufträge stärken.

In einem Dorf konnte der Verein einen ehemaligen Metzger reaktivieren. Gemeinsam mit einigen Helfern und Helferinnen verarbeitet der 70-Jährige Schweine, die der Verein bei Landwirten in der Region kauft, zu Konserven. Die dann dorthin gebracht werden, wo die Not groß ist. Stellenweise ein lebensgefährliches Unterfangen: Einschusslöcher in Fahrzeugen zeigen das.

Beladung eins Butschatsch-Hilfstranportfahrzeuges in Wuppertal.

Beladung eins Butschatsch-Hilfstranportfahrzeuges in Wuppertal.

Foto: Verein "Mensch zu Mensch"

„Wie die Bevölkerung zusammenhält und sich gegenseitig hilft, ist bewundernswert. In dem Dorf unseres Metzgers lebten bis Kriegsausbruch 3.000 Menschen. Die Bewohner dort haben trotz ihrer kargen Lebensumstände zwischenzeitlich 1.200 Flüchtlinge aus dem Osten, überwiegend Frauen, Kinder und Senioren, aufgenommen. Darunter gibt es Schicksale, die einfach besonders zu Herzen gehen. So wie das eines älteren Ehepaares, das ab dem Zeitpunkt, als ihr einziger Sohn zum Militär ging, Sorge um sein Leben hatte. Wochen später erhielten sie die Nachricht, dass er bei einem Fronteinsatz getötet wurde. Trotz ihrer Trauer haben sie eine 29-jährige Mutter aus Odessa, deren Ehemann ebenfalls gefallen ist, und ihre kleine Tochter bei sich aufgenommen“, berichtet der Peter Klein im Gespräch mit der Rundschau.

Klein weiter: „Ein Leben in ständiger Angst ist für die Menschen in der Ukraine Alltag geworden. Auch wenn unsere Hilfe da nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, sorgt sie für Lichtblicke und beschert denen, die die Hilfe erreicht, gerade auch zu Weihnachten wenigstens das Gefühl: Wir denken an euch.“

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