Interview: Peter Hintze (CDU) über die Wahlerfolge der AfD "Wuppertal hat eine starke demokratische Tradition"

Wuppertal / Berlin · Peter Hintze ist Vizepräsident des Deutschen Bundestages. Der 65-Jährige, der seinen Wahlkreis in Wuppertal hat, bezieht klar Stellung gegen die AfD. Im Gespräch mit der Rundschau begründet der CDU-Politiker seine Haltung.

 Peter Hintze in seinem Berliner Büro.

Peter Hintze in seinem Berliner Büro.

Foto: Christian Hintze

Rundschau: Hat Sie der Erfolg der AfD bei den vergangenen Landtagswahlen überrascht? Woher rührt Ihrer Meinung der Zuspruch?

Hintze: Das AfD-Ergebnis zeichnete sich schon im Vorfeld der Wahlen ab, wenn es auch in der Höhe überraschend war. Die AfD ist offensichtlich ein Ventil für eine Unsicherheit, die sich aus unterschiedlichen Quellen speist. Dabei spielt die Flüchtlingsfrage die Hauptrolle, aber auch die großen Veränderungen im Zusammenhang mit der Globalisierung.

Rundschau: Sie lehnen Koalitionen Ihrer Partei mit der AfD kategorisch ab. Das haben Sie unter anderem in der ARD-Sendung "Maischberger" sehr deutlich gemacht. Warum?

Hintze: Alle Umfragen zeigen, dass auch die Mehrheit der AfD-Wähler selbst die Partei für destruktiv hält und ihre Wahl als reines Protestsignal verstehen. Die Frage ist offen, ob die AfD eine rechte Protestpartei bleibt oder ins Rechtsextreme abrutscht. Sie hat ja den ersten Radikalisierungsschritt mit dem Austritt des Parteigründers Professor Lucke bereits hinter sich. Weitere Radikalisierungsschritte drohen. Mit einer solchen Partei verbieten sich Koalitionen.

Rundschau: Gibt es Inhalte der AfD, mit denen Sie persönlich konform gehen?

Hintze: Nein. Das größte Problem ist, dass die AfD das Verhältnis zur rechtsextremen Szene und deren kruden Thesen bewusst offen lässt.

Rundschau: Wie geschlossen steht die CDU Ihrer Meinung nach hinter Bundeskanzlerin Angela Merkel?

Hintze: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den starken Rückhalt ihrer Partei und der gesamten Unionsfraktion. Das spüre ich in jeder Sitzung. Es ist doch ganz normal, dass es in einer großen Volkspartei bei einem so umstrittenen Sachverhalt unterschiedliche Einschätzungen gibt.

Rundschau: Inwieweit ärgern Sie die fortwährenden Attacken des CSU-Ministerpräsidenten Horst Seehofer gegen Angela Merkel?

Hintze: Hier möchte ich eine klare Unterscheidung vornehmen. Horst Seehofer steht in der Union für ein restriktiveres Grenzregime in der Flüchtlingsfrage. Diese Position halte ich für zulässig. Dabei ist ja interessant, dass alle konkreten politischen Schritte bis hin zur jetzt erfolgreich gefundenen europäischen Lösung von CDU und CSU gemeinsam getragen werden. Das öffentliche Hineingrätschen des bayerischen Ministerpräsidenten fand ich allerdings alles andere als kollegial.

Rundschau: Die Kirchen fordern ein umfassendes Asylrecht. Schließen Sie als Theologe sich dem an?

Hintze: Die Idee des Asylrechts ist es, verfolgten und bedrohten Menschen Schutz zu gewähren. Dieser Gedanke prägt unser Grundgesetz und die christliche Ethik. Wie in allen ethischen Fragen geht der Diskurs auch in und mit unseren Kirchen über die konkrete Ausgestaltung dieses Rechts. Unser Grundgesetz legt dem Staat die Verantwortung auf, zwischen unterschiedlichen Verfassungsprinzipien eine vernünftige Abwägung zu treffen. Das gilt auch für die Flüchtlingsfrage. Ich meine, dass uns diese Abwägung gut gelungen ist.

Rundschau: Wuppertal gilt als eine Stadt, die sich besonders intensiv gegen Rechtsextremismus zur Wehr setzt. Woran liegt das?

Hintze: Wuppertal hat eine starke demokratische Tradition, die ihre Wurzeln im Kampf der Bekennenden Kirche gegen den Nationalsozialismus hat.

Rundschau: Glauben Sie, dass die AfD im Lauf der Zeit wieder an Bedeutung und damit Wählerstimmen verliert?

Hintze: Die Antwort auf diese Frage ist offen. Die Zukunft wird erweisen, ob die Selbstradikalisierung der AfD voranschreitet. Sollte das eintreten, traue ich den Deutschen genug kollektive Vernunft und demokratisches Bewusstsein zu, dass diese Partei wieder verschwindet.

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