Rundschau-Serie „Verkäufer auf vier Pfoten“ Merlin, der Werkstatt-Kater

Wuppertal · Das Glück kommt oft unvermittelt daher. Der Geigenbauerin Sarah Meyer ist es in Form eines alten Katers begegnet. Von wegen schwarze Katzen bringen Pech!

 Sarah Meyer und Mitbewohner Merlin. Meyer ist Inhaberin von „Luthiera Streich- und Zupfinstrumentenbau“ auf dem Ölberg.

Sarah Meyer und Mitbewohner Merlin. Meyer ist Inhaberin von „Luthiera Streich- und Zupfinstrumentenbau“ auf dem Ölberg.

Foto: Simone Bahrmann

Als Erstes hat Merlin eine Bekannte von ihr angequatscht. Der dünne Kater war damals auf dem Ölberg unterwegs und als er jene Bekannte sah, setzte er sich vor sie, blickte zu ihr hoch und miaute, laut und fordernd. Hilf mir! Sie verstand es in jedem Fall so und packte sich den Kater, der damals wahrscheinlich irgendwie anders hieß, prompt unter den Arm.

Sarah Meyer, Ölbergerin und Gesellin des Geigenbaus, saß am Computer und sah Merlin in einer Nachbarschafts-Chatgruppe. Kater abzugeben. Der alte Kerl hatte sich als freundlich erwiesen, den Katzen seiner Finderin gegenüber aber zeigte er Zähne, Buckel und scharfes Fauchen. Keine Chance der Vergeschwisterung, Merlin war nun einmal Menschen-, kein Tierfreund.

Die Geigenbauerin stutzte und blickte sich in ihrer Werkstatt an der Marienstraße 15 um. Merlin und Sarah Meyer leben nun seit Dezember zusammen, „Luthiera“, Werkstatt und Geschäft für Streich und Zupfinstrumente, ist Arbeitsplatz wie Zuhause. Merlin, „wie der Zauberer“, gehöre ihr nicht, darauf besteht die 26-Jährige. Er ist zu ihr gezogen, quasi in eine WG – Kuscheln inklusive.

Nachts schleicht er sich manchmal in ihr Bett, um sie dann mit seinen Pfoten zu stupsen und sein lautes Miauen zu miauen. Streichel mich. Am Tag kommt dann die Rache, wenn Merlin zusammengerollt wie ein schwarzes Knäuel auf dem alten Sessel liegt. Wach auf, jetzt brauche ich dich. „Merlin macht mich ruhig. Ich bilde mir ein, er spürt, wenn ich Kummer habe“, sagt Sarah Meyer. Denn in Momenten, in denen ihr das Herz schwer ist, kommt er häufiger aus seinen Ecken, streicht um ihre Beine und schnurrt.

Den sehr besonderen Beruf seiner Mitbewohnerin akzeptiert Merlin. Gitarrenkoffer sind ein hervorragender Sitzplatz, genau wie die Bürostühle, die für ihn in jedem Raum kollegial dazu gestellt wurden. Und wenn sie ein Instrument ausprobiert, schaut er neugierig um die Ecke. Wer schreit denn da? Sein Schnurren sei nicht vergleichbar mit Musik, sagt Sarah Meyer, aber trotzdem beruhigend. Im Schlaf seufzt der alte Kater und tagsüber miaut er mal zärtlich, meistens eher fordernd und erzeugt damit genau das Gegenteil von Ruhe. Ist ja gut, ich bin ja da.

Der Tierarzt schätzt Merlin zwischen 14 und 16 Jahren alt. Mehrgenerationenwohnen, mit Abschied vorprogrammiert. An die Zeit danach möchte die Geigenbauerin nicht denken. Merlin bleibt, so lange er kann. Jetzt ist er ihr Mitbewohner, bester Kumpel. Wenn Merlin gut drauf ist, begrüßt er zuerst die Kunden. Hi. Ich bin der Werkstattkater, und jetzt, los, streichel mich.

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