VCD Bergisches Land „So sieht Verkehrswende in echt aus“

Wuppertal · Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) äußerst sich zur Tarifreform des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR), dem auch die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) angehören – und bezeichnet sie als „Real-Satire“. Der Wortlaut.

Symbolbild.

Foto: Achim Otto

„Die Politiker an Rhein und Wupper schäumen vor Wut: Da haben sie gegen starke Widerstände endlich die VRR-Tarifreform vollständig durchgeboxt – und dann das!

Zum Verständnis: Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, kurz VRR, bestimmt, wer wann, wie und zu welchem Preis im Nahverkehr mit Bussen und Bahnen zwischen Dortmund und Venlo, Kleve und Remscheid herumfahren darf. Südlich davon liegt der Verkehrsverbund Rhein-Sieg, kurz VRS, mit dem sich der VRR in Sachen Bahnangebot notgedrungen einigen muss, der aber gänzlich andere Fahrpreise hat. Und da liegt der Hase im Pfeffer.

Im südlichen Bereich des VRR gilt nämlich nicht nur der VRR-Tarif, sondern zum Teil auch der VRS-Tarif. Die Verantwortlichen im VRR – überwiegend Politiker – haben in den letzten Jahren Mittel und Wege gefunden, ihren Fahrgästen deutlich tiefer in die Taschen zu greifen. Da gab es von heute auf morgen mal eben Preiserhöhungen von 100 Prozent durch den Wegfall ganzer Preisstufen, wie zum Beispiel der Kurzstrecke.

Und damit nicht genug, zum 1. Januar 2026 wird man jetzt auch noch endlich die lästige 2-Waben-Regelung los. Die hat zwar niemand jemals so recht verstanden, ist bei den Fahrgästen aber durchaus beliebt. Beispiele: Wer von Wuppertal nach Remscheid oder Solingen will, zahlt dafür normalerweise 7,40 Euro – Preisstufe B. Aber nicht von Cronenberg nach Remscheid-Mitte oder Solingen-Mitte, da greift die ominöse 2-Waben-Regelung der Preisstufe A, es werden nur 3,60 Euro fällig. Solche Beispiele gibt es haufenweise und das passt besagten Verantwortlichen im VRR – in der Regel Autofahrer – nicht und wird deshalb abgeschafft. Basta! Wieder 100 Prozent Preiserhöhung – Stößchen!

Der Chef der WSW-Versorgungssparte ist inzwischen grün vor Neid auf seinen Kollegen vom Verkehrsbetrieb. Wenn er den Strompreis derart erhöhen würde, seine Kunden wären ruckzuck bei einem anderen Anbieter. ÖPNV-Fahrgäste sind aber Gefangene, da gibt es keine Fluchtmöglichkeit – oder doch?

Hier kommt der VRS ins Spiel. Findige Fahrgäste an Rhein und Wupper wissen seit einiger Zeit, wie man die hohen VRR-Preise umgehen kann: Man kauft einen Fahrschein übers Ziel hinaus! Beispiele: Von Wuppertal nach Solingen kostet eine Fahrt – wie oben erwähnt – 7,40 Euro. Von Wuppertal nach Leichlingen über Solingen hingegen nur 6,70 Euro. Extremfall: von Düsseldorf nach Remscheid 18,90 Euro, von Düsseldorf nach Wermelskirchen über Remscheid nur 10,30 Euro.

Da fühlt man sich wie im Baumarkt - „Wenn‘s gut werden soll“ - „Ich bin doch nicht blöd“ - „Yippie yaya yippie yippie yeah!“ Mit dem Wegfall der 2-Waben-Regelung wird das noch viel häufiger lukrativ. Von Düsseldorf-Benrath nach Langenfeld jetzt noch 3,60 Euro, künftig 7,80 Euro, nach Leverkusen über Langenfeld 6,80 Euro. Und das auf der Haupt-Rennstrecke – gut, dass die RE-Züge nicht in Langenfeld halten!

In Düsseldorf ist man stocksauer, das kann so nicht weitergehen, da müssen wir den Kölnern – die im VRS das Sagen haben – mal ordentlich auf die Finger klopfen. Die braucht man auch nicht lange überreden, wissen auch, wie man den Leuten das Geld aus der Tasche zieht, und haben mit dem Vorpreschen des VRR jetzt eine Ausrede.

Erst mal werden die Leute beruhigt, die Preiserhöhung zum 1. Januar 2026 fällt mit ca. 1,9 Prozent sehr moderat aus, da wird sich niemand beschweren. Aber dann wird die mächtige Keule geschwungen: VRS-Tarifreform im Juni 2026! Die soll am 26. November 25 beschlossen werden und hat es gewaltig in sich. Noch sind keine offiziellen Zahlen raus, aber aus einem internen Gutachten wird ersichtlich, dass sich die Fahrpreise teils fast verdreifachen sollen!

Beispiele: Von Wuppertal-Barmen nach Radevormwald kostet es heute 3,70 Euro, künftig ca. 8 Euro, von Solingen nach Burscheid kostet es heute 6,70 Euro, künftig ca. 16 Euro, ebenso von Remscheid nach Wipperfürth. Eigentlich sollte dann auch im VRS der Kurzstreckentarif entfallen, das hat man aber auf 2028 verschoben, statt heute 2,70 Euro werden dann bis zu 8 Euro fällig. Konsequenterweise rechnet der Gutachter aber auch mit dem Verlust von Fahrgästen. So sieht Verkehrswende in echt aus, gute Fahrt!

Reiner Nießen (VCD Bergisches Land)