„Aus allen Schulformen der Stadt erreichen die GEW Wuppertal Alarmsignale wegen der unhaltbaren Zustände bei der Beschulung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Zahlreiche Rückmeldungen auf eine Umfrage der GEW zeigen, dass die Schulen mit schwersten Mängeln kämpfen müssen.
Neben dem massiven Fehlbedarf an Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen, für den in erster Linie das Land NRW die Verantwortung hat, führt der extreme Raummangel zu überdurchschnittlich großen Klassen im Gemeinsamen Lernen der Regelschulen und zu völlig überfüllten Förderschulen Bis zu 30 Kinder sind in den Grundschulklassen fast an der Tagesordnung und in den weiterführenden Schulen die Regel, trotzdem sind nicht selten 5, 6 und sogar 8 Kinder mit unterschiedlichen Förderbedarfen in diesen Klassen zu beschulen.
Hinzu kommt, dass es immer mehr Kinder gibt, deren individuelle Förderung auch ohne festgestellte Förderbedarfe sehr zeitintensiv ist. Es sind zum Beispiel Schulneulinge, die weder Stift noch Schere halten können und auffälliges Sozialverhalten zeigen. Es sind Kinder, die zunehmend psychische Probleme und problembehaftetes Verhalten zeigen, die den Rahmen der schulischen Ausbildung und Förderung sprengen. Es ist eine sehr stark wachsende Zahl an Kindern, die kaum Konzentration und Durchhaltevermögen zeigt und nach fünf Minuten Unterricht abschaltet, weil sie es nicht mehr gewohnt sind, sich einer Sache länger und ausdauernd zuzuwenden.
Wie soll Förderung geleistet werden, wenn zum Beispiel eine Sonderpädagogin an zwei Schulen insgesamt in 21 Klassen 40 Kinder betreuen muss und zusätzlich noch einen Wust an organisatorischen Aufgaben (Förderanträge, Inklusionshilfeanträge, Beratungsarbeit usw.) leisten muss? Manche Schulen haben überhaupt keine sonderpädagogischen Fachkräfte.
Die dringend notwendige Hilfestellung von Schulbegleitungen klappt häufig nicht. Genehmigte Stunden können nicht besetzt werden, oft ist das Personal nicht in der Lage, die Aufgaben zu erfüllen. Wegen der schlechten Bezahlung und der vielfach befristeten Verträge kann oft kein geeignetes Personal gefunden werden, so können zum Beispiel von 320 genehmigten Stunden gerade mal 190 besetzt werden, kein Einzelfall.
Problem ist auch, dass die Stadt oft die Genehmigung von Stunden verweigert, was die Schulen und die Kinder wieder in Bedrängnis bringt. Für Kinder mit geistiger Beeinträchtigung, die oft auch einen Pflegebedarf haben, reichen die Stunden nicht aus. Das sind Kinder, die ohne Schulbegleitung komplett hilflos sind und oft noch nicht einmal in der Lage sind, ohne Schulbegleitung ihre Räume zu finden.
Weil die Stadt es seit Jahren versäumt, genügend Schulraum zu schaffen, mussten allein in diesem Schuljahr zahlreiche Kinder mit geistiger Beeinträchtigung von den Grundschulen aufgenommen werden, obwohl die Eltern die Förderschule gewünscht haben. Jedem muss klar sein, dass die Förderung dieser Kinder, die besondere Aufmerksamkeit benötigen, angesichts der Situation in den Schulen völlig auf der Strecke bleiben muss. Ein Armutszeugnis für unsere Stadt, ein Desaster für die Kinder und ihre Familien.
Die Situation der Förderschulen ist seit Jahren unverändert dramatisch. Massiver Lehrkräftemangel, fehlender Schulraum im Umfang von mindestens zwei weiteren Förderschulen sowie die Zuweisung völlig ungenügender Räumlichkeiten für Förderschulen, viel zu große Klassen, Ablehnungen von Kindern gegen den Elternwillen bzw. weite Wege für die Kinder durch die ganze Stadt von Ost nach West. Der notwendige Schülertransport ist in vielen Fällen dafür nicht gesichert.
Wir fragen uns, warum es der Stadtverwaltung und dem Gebäudemanagement nicht gelingt, das seit Mitte Juli 2025 leer stehende Gebäude der ehemaligen Förderschule Hufschmiedstraße in kürzester Frist nutzbar zu machen. Leerstand auf bislang unbestimmte Zeit darf sich die Stadt angesichts des dramatischen Raummangels einfach nicht leisten, zumal bereits schon 2020 von der Stadt öffentlich kommuniziert wurde, dass nach der Zwischennutzung durch das Gymnasium Bayreuther Straße die Weiternutzung des Gebäudes als Förderschulstandort geplant ist.
Die GEW Wuppertal erwartet von der Kommune, dass sie schnelle und unbürokratische Lösungen findet, um wenigstens den drängendsten Problemen zu begegnen. Die GEW schlägt deshalb als ersten Schritt ein Treffen mit den Akteuren der Schulen und der Kommune vor, um gemeinsam einen Handlungsplan für die dringendsten Probleme zu erstellen.
In einer ersten Reaktion auf den Offenen Brief hat Schuldezernentin Annette Berg die GEW zu einem gemeinsamen Gespräch eingeladen. Dies kann nur ein erster Schritt sein, dem weitere konkrete Maßnahmen folgen und in dem die Akteure in den Schulen dringend eingebunden werden müssen.“