Gänsehaut und Wahnsinnskugel

Anstaltsleiter Rupert Koch hat nicht lange gezögert, als ihn die Anfrage des Zirkus "Flic Flac" erreichte, ob man eine Pressekonferenz für das Gastspiel auf dem Carnaper Platz (24. April bis 10. Mai 2015) in Wuppertal in der Jugendstrafanstalt in Ronsdorf durchführen könne.

"Höchststrafe" heißt das Programm im 25. Jubiläumsjahr des 1989 von den Artisten-Brüdern Benno und Lothar Kastein gegründeten Unternehmens — und "Flic Flac"-Direktor Benno Kastein ergänzt: "Wir haben überall Absagen bekommen, in Haftanstalten oder in Gerichtssälen so etwas machen zu dürfen. Wuppertal war eine angenehm unkompliziert Ausnahme."

Das zweistündige "Flic Flac"-Programm mit über sieben Millionen Besuchern seit der Premiere in Oberhausen spielt vom Hofgang bis zur Entlassung in die Freiheit. Benno Kastein: "Wir bieten wie immer Gänsehaut-Feeling und strapazieren die Nerven unserer Besucher mit allen Risiken. Das ist unser Markenzeichen."

Von den Haustieren der 40 Artisten abgesehen, gibt es bei "Flic Flac" keine Tiere, dafür die in diesem Show-Unternehmen zum festen Bestandteil gehörende Wahnsinnskugel "Globe of Speed" und die "Mad Flying Bikes": Auf den Motorrädern bei ihrem Höllenritt in der 6,50 Meter Durchmesser kleinen Kugel ist ein Biker-Team aus Kolumbien, Argentinien, Brasilien und Polen im Einsatz. Die Artisten wissen um die Risiken. Die Geschichte von "Flic Flac" ist untrennbar mit Gefahren und Unfällen verbunden.

Einer der wenigen deutschen Artisten ist der weltweit begehrte Feuerschlucker Hubertus Wawra (42) aus Thüringen, der im Alter von sechs Jahren mit dieser ungewöhnlichen Leidenschaft begann und als "Master of Hellfire" mit einer Kombination aus Comedy, Feuerkunst und Bobcat-Artistik auch verbale Bomben zündet. Wie bei der Pressekonferenz: "Das Artistenleben hat auch mit Haft zu tun. Oft kommen wir ja nicht raus. Aber wir haben immerhin Telefone." Der echte Gefängnisgang mit Türen und Sicherheitsschleusen von der Pforte vorbei am Sportplatz hinterließ beim "Flic Flac"-Team dann aber doch mächtig Eindruck ...

Das "Flic Flac"-Programm im gelb-schwarzen Zelt für 1.500 Besucher mit Einzelsitzen bietet nicht nur Nervenkitzel und Risiko. Fürs Auge tritt "Larissa an der heißen Stange" auf. Die ältere der beiden Kastein-Schwestern schlängelt sich mit perfekter Körperkunst am Chinese-Pole entlang und versprüht dabei einen Hauch prickelnde Erotik.

Übrigens: Bei "Flic Flac" sind sogar die sanitären Anlagen etwas Besonderes. Es handelt sich um Spezialanfertigungen mit Überraschungen und TV-Entertainment in den Kabinen.

Auf dem von Wuppertals Bürgern erkämpften Carnaper Platz sind 100 "Flic Flac"-Mitarbeiter aus sieben Nationen zu Gast — plus zehn Zugmaschinen mit 30 Aufliegern und 600 Tonnen Gewicht.

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