Wuppertal und Solingen Ev. Kirchenkreise: Gemeinsam für die Gemeinden

Wuppertal / Solingen · Seit Januar 2022 haben die Kirchenkreise Wuppertal und Solingen eine gemeinsame Verwaltung. Für Geschäftsführer Philipp Strößer ist das die richtige Antwort auf den Trend zu mehr Bürokratie.

Geschäftsführer Philipp Strößer.

Geschäftsführer Philipp Strößer.

Foto: Sabine Damaschke

Zwei Kirchenkreise, eine Verwaltung – zwei Jahre wurde darauf hingearbeitet. Wie erleben Sie den Start des neuen „Evangelischen Verwaltungsverbands Wuppertal-Solingen“?

Strößer: „Wir werden ihn am kommenden Mittwoch (11. Januar 2023) mit einem gemeinsamen Gottesdienst feiern. Darauf freue ich mich, denn eine Menge Arbeit liegt hinter uns, aber auch noch vor uns. Beide Kirchenkreise sind in den letzten Jahren kleiner geworden, und dieser Trend setzt sich fort. Zusammen haben wir jetzt etwa 120.000 Mitglieder. So viel wie der Kirchenkreis Wuppertal hatte, als ich hier 2011 in der Verwaltung anfing.

Gleichzeitig ist der bürokratische Aufwand gestiegen, was mehr Kosten verursacht. Es gibt deutlich mehr staatliche Vorschriften für den Unterhalt, Verkauf oder Vermietung von Immobilien, die wir ja reichlich in den Kirchenkreisen haben. Auch Finanzplanung und Personalverwaltung sind anspruchsvoller geworden. Sich hier zusammenzuschließen, damit nicht zu wenige Menschen zu viele Themen bearbeiten müssen und unsere jetzt rund 90 Mitarbeitenden sich stärker spezialisieren können, halte ich für sehr sinnvoll.“

Hauptsitz der Verwaltung wird Wuppertal sein. Was bedeutet das für die Mitarbeitenden? Müssen jetzt alle zusammenrücken?

Strößer: „Im Unterschied zu Finanzämtern oder Rathäusern sind wir in großen Teilen eine mobile Verwaltung. Unsere Mitarbeitenden, die als Gemeindebegleiterinnen und -berater für die 28 Kirchengemeinden zuständig sind, müssen oft zu Beratungen, Ausschüssen und Sitzungen.

Umgekehrt brauchen wir gemeindenah eine Anlaufstelle für unsere Haupt- und Ehrenamtlichen. Daher werden die Gremienbegleiterinnen und -begleiter, wir nennen sie Beraterinnen und Berater der Leitungsorgane am jeweiligen Standort Wuppertal und Solingen bleiben. Genauso wie die Superintendentur und die Friedhofsverwaltung des Kirchenkreises Solingen.

Die Immobilien-, und Finanzabteilung aus Solingen ziehen bis Ende dieses Quartals an den neuen Hauptstandort in unser Verwaltungsgebäude am Kirchplatz. Dafür müssen wir etwas zusammenrücken, aber da wir auch mobiles Arbeiten, das sogenannte Homeoffice ermöglichen, ist das kein größeres Problem. Konferenzen finden nicht nur in Präsenz, sondern auch digital statt. Und wir bauen unser Dokumentenmanagementsystem aus, so dass bald alle Unterlagen digital zugänglich sind.“

Was sind tägliche Anliegen aus Gemeinden, mit denen sich die Mitarbeitenden beschäftigen müssen?

Strößer: „Wer glaubt, kirchliche Verwaltung sei langweilig, irrt gewaltig! Wir beschäftigen uns hier mit ganz verschiedenen Themen. Schließlich verstehen wir uns als Dienstleister, die vor allem den vielen Ehrenamtlichen, die in den Kirchengemeinden aktiv sind, den Rücken freihalten.

Da geht es etwa um die Versicherung für eine Gemeindefreizeit, um GEMA-Gebühren bei einem Konzert, die Straßenabsperrung für ein Gemeindefest und noch viele, viele andere Dinge des alltäglichen Gemeindelebens mehr. Es geht um die Auslagenerstattung für Ehrenamtliche oder die Beauftragung von Handwerkern und die zügige Bezahlung von deren Rechnungen sowie die Begleitung zahlreicher größerer und kleiner gemeindlicher (Bau-) Projekte. Wir müssen uns mit dem staatlichen Immobilen-, Miet-, Finanz- und Arbeitsrecht auskennen und natürlich mit dem vielfältigen Kirchenrecht.“

Welche Rolle spielen die im Alltag eines kirchlichen Verwaltungsmitarbeitenden?

Strößer: „Eine große, denn viele Beschlüsse auf Landes- oder Bundesebene führen zu mehr Arbeit. Das gilt zum Beispiel für die Schutzkonzepte gegen sexualisierte Gewalt. Dafür müssen Führungszeugnisse eingeholt und die Kosten dafür erstattet werden. So sinnvoll diese Verordnung ist – sie zieht einen riesigen Bürokratieaufwand nach sich.

Aber es gibt auch viele Verordnungen, die einfach nur Arbeit machen und für mich wenig Sinn ergeben, zum Beispiel die einzige nach dem Kirchenrecht verpflichtend zu verwendende Finanzsoftware Wilken P/5, die wir für die Abbildung der Zahlungsströme, Bilanzierung und letztlich die Jahresabschlüsse nutzen müssen, die aber noch immer nicht zu 100 Prozent kompatibel mit unserer Kassengemeinschaft ist.

Ich würde mir wünschen, dass die Landeskirche mehr dezentrale Lösungen zulassen und den Gemeinden und Kirchenkreisen damit mehr Eigenverantwortung zugestehen würde. Für mich ist das die verantwortungsvolle Lösung für die Probleme, die auf uns als kleiner werdende Kirche zukommen.“

Sie sind Jurist und hätten vermutlich auch in anderen Verwaltungen Karriere machen können. Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit für den Kirchenkreis?

Strößer: „In den fast zwölf Jahren, die ich jetzt hier bin, erlebe ich jedes Jahr neue Herausforderungen. Das hätte ich nicht vermutet, denn ,kirchliche Verwaltung‘ klang für mich früher altmodisch und verstaubt. Doch für Kirchengemeinden in all ihrer Vielfalt da zu sein, macht sehr viel Spaß.

Viele Mitarbeitende und auch ich selbst engagieren sich nicht nur haupt-, sondern auch ehrenamtlich für die evangelische Kirche. Der christliche Glaube ist uns wichtig und das prägt unser Miteinander. Für Meisten unter uns ist das einfach mehr als ein Verwaltungsjob.“

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