Prozessauftakt Anklage: Frau hatte ein ganzes Waffenarsenal dabei

Wuppertal · Jahrelang sollen die Eltern um das Sorgerecht gestritten haben. Am 4. Februar 2019 eskalierte die Situation beim Bezirkssozialdienst an der Uellendahler Straße. Dorthin sollen die Mutter eines Kindes im Grundschulalter und ihr Ex-Mann geladen worden sein, um sich im Büroraum einer Sozialarbeiterin zum Beratungsgespräch zu treffen.

 Die Angeklagte mit ihrem Verteidiger.

Die Angeklagte mit ihrem Verteidiger.

Foto: Mikko Schümmelfeder

Nachdem sich die Bürotüre hinter den Beteiligten geschlossen hatte, soll die Frau mit einem Messer auf die Sozialarbeiterin eingestochen und die 39-Jährige mit einem Bauchstich schwer verletzt haben. Danach soll sie ihren Ex-Mann angegriffen und am Oberkörper verletzt haben. Beide Opfer konnten flüchten, nachdem zwei weitere Mitarbeiter des Bezirkssozialdienstes die Frau aufgehalten hatten. Die wiederum soll den herbeigeeilten Polizisten mit einem Messer herumfuchtelnd und mit den Worten entgegengekommen sein: „Erschießt mich doch!“

Vier Messer, eine Schreckschusspistole, zehn Chinaböller und mehrere Pfeffersprühgeräte: In der Anklageschrift wird später stehen, dass die Frau ein ganzes Waffenarsenal bei sich gehabt haben soll. Die Staatsanwaltschaft wirft der Wuppertalerin versuchten Totschlag, gefährliche Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vor.

Auf der Anklagebank: Eine schmächtige, stilvoll gekleidete Frau, umringt von zwei Verteidigern. Einer davon ist Ulrich Dost-Roxin, renommierter Strafverteidiger mit Kanzlei am Berliner Kurfürstendamm. Noch bevor Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt die Anklageschrift verlesen konnte, lag bereits der erste Verteidigerantrag auf dem Richtertisch. Tenor der Kritik: Im Ermittlungsverlauf und aufgrund eines erst nach Anklageerhebung eingereichten psychiatrischen Gutachtens sei man bei der Staatsanwaltschaft zu der Erkenntnis gelangt, dass die Angeklagte im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt habe, als sie mit Messern auf auf ihren Ex-Mann und die Sozialarbeiterin eingestochen habe.

Kurz nach der Tat war man dort noch von verminderter Schuldfähigkeit ausgegangen – die Frau war in die Psychiatrie eingewiesen worden und ist nun seit acht Monaten in der Forensik in Bedburg-Hau untergebracht. Der Antrag wurde von der Kammer abgewiesen, und dennoch ist ein derartiges Vorgehen aus Sicht der Verteidigung nachvollziehbar.

Denn eines steht fest, wenn ein Sicherungsverfahren angeordnet wird: Der 48-Jährigen droht die dauerhafte Einweisung in die Psychiatrie. Da sich die Frau vom psychiatrischen Gutachter nicht hat explorieren lassen, musste der seine Entscheidung über die Schuldfähigkeit nach Aktenlage treffen. Und die wiederum ist nach jahrelangen Sorgerechtsstreitigkeiten derart umfangreich, dass bereits kurz nach Anklageerhebung von einer psychischen Erkrankung der Angeklagten ausgegangen worden war. Die wiederum verfolgte den von zahlreichen Unterbrechungen geprägten Prozessauftakt äußerlich unbeteiligt, derweil scheint sich bei den im Gerichtssaal anwesenden Angehörigen so einiges aufgestaut zu haben.

Schon bei der Eingangskontrolle soll ein Taschenmesser sichergestellt worden sein und später gipfelten die Drohszenarien in der angeblich auf Facebook verbreiteten Nachricht, dass man das von der Angeklagten begonnene Werk vollenden wolle. Das Gericht wähnte deren als Zeugen geladenen Ex-Mann in Gefahr und erhöhte mit Kontrollen vor dem Saal die Sicherheitsvorkehrungen. Zur Vernehmung des Ex-Mannes kam es nicht mehr, er soll im November als Zeuge gehört werden.

Das Gericht hat bis zum Jahresende weitere neun Verhandlungstage angesetzt.

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