(Wieder-)Eröffnung des Engelshauses Nicht aufs Historische reduzieren

Betr.: „200 Gesichter – und über 300 Gäste“, Rundschau vom 18. September

Es ist sehr erfreulich, dass das Engelshaus endlich wieder zugänglich ist, in dem das Leben und Wirken des größten Sohnes der Stadt dargestellt wird. Warum aber sind die Aussagen der Festredner so verhalten und wenig inhaltsvoll?

Immerhin hält die Ministerin Pfeiffer-Poensgen Friedrich Engels für eine wichtige Orientierung in diesen Umbruchzeiten.

Wenn OB Schneidewind Engels Aktualität zubilligt, dann wäre doch ein selbstkritischer Blick angebracht. Engels analysierte in der Schrift „Dialektik der Natur“, dass eine umfassende Beherrschung der Auswirkungen der Produktion auch auf die Natur im Kapitalismus nicht möglich ist. Eine klare Absage an die vorgebliche Lösung der Umweltkatastrophe durch die Einheit von kapitalistischer Produktion und Ökologie, für die Schneidewind steht – und ein Plädoyer für den Sozialismus: „Dazu gehört eine vollständige Umwälzung unserer bisherigen Produktionsweise und mit ihr unserer jetzigen gesellschaftlichen Ordnung“ (“Dialektik der Natur“, Werke, Band 20, Seite 454).

Engels wäre also auch nicht damit einverstanden gewesen, nur nett und akademisch zu diskutieren und ansonsten alles beim bisherigen System zu belassen. Erst wenn die Erkenntnis in die Praxis übergeht, ist sie vollendet!

Heute ist die Kritik am Kapitalismus unüberhörbar, an einem krisengeschüttelten System, das in keinem gesellschaftlichen Bereich positive Lösungen bietet. Man darf gespannt sein auf die Ausstellung, die nach Lars Bluma „Friedrich Engels in die heutige Zeit transformiert“. Löst sie dies tatsächlich ein, dann verfällt sie nicht in eine antikommunistische Haltung, die auch darin bestehen kann, Engels auf eine rein historische Persönlichkeit zu reduzieren.

Walter Kolbe

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