Tanztheater mit Dreifach-Abend Atemberaubend ...

Wuppertal · ... anders kann man nicht nennen, was – vor allem am Schluss – jetzt im Opernhaus zu sehen war. Als Motto „Triple Bill“ zeigte das Tanztheater die Klassiker „Café Müller“ von 1978 und „Das Frühlingsopfer“ von 1975 mit dem aktuellen Duo „common ground(s)“ als neueinstudierten Dreifach-Abend.

 "Das Frühlingsopfer" von Pina Bausch - im Januar 2023 präsentiert von Tänzerinnen und Tänzern aus 14 afrikanischen Nationen.

"Das Frühlingsopfer" von Pina Bausch - im Januar 2023 präsentiert von Tänzerinnen und Tänzern aus 14 afrikanischen Nationen.

Foto: Ursula Kaufmann

Während das heute sehr sperrig wirkende „Café Müller“ mit Stühlen, Wänden und viel Leere (dazu gibt’s wunderschöne englische Live-Barock-Musik von Henry Purcell) die Anfänge der Unverwechselbarkeit von Pina Bausch zeigt, treffen in „common ground(s)“ zwei besondere Welten aufeinander: Malou Airaudo, frühere Pina-Bausch-Tänzerin, und die senegalesische Tänzerin Germaine Acogny, die als Entwicklerin des „African Dance“ gilt, liefern eine stille, intensive Choreografie, die von großer Nähe, viel Erinnerung und (alters-)weiser Zärtlichkeit geprägt ist.

Wer dann in der zweiten Pause im Saal blieb, konnte bei der Verwandlung der Bühne in eine von Erde ganz und gar bedeckte Fläche mit dabeisein. Und dann das erleben, worauf alle hingefiebert haben: „Das Frühlingsopfer“ von Pina Bausch zur live vom Wuppertaler Sinfonieorchester unter der Leitung von Patrick Hahn gespielten Musik von Igor Stravinsky – getanzt von 33 Frauen und Männern aus 14 afrikanischen Nationen (Foto: Ursula Kaufmann).

Kaum eine Stunde dauert das – ein hochemotionales Furiosum, in dem die Körper in gewaltigen Synchron-Gruppenbildern wogen wie Ähren in stürmischem Wind. Die treibende Musik befeuert dieses mit kaum etwas anderem vergleichbare Tanz-Ereignis voll archaischer, dunkler, stampfender Kraft. Das Ensemble, dem körperliche Höchstleistung abverlangt wird, fesselt das Auge jede Sekunde – und zugleich weiß man gar nicht, wohin überall man schauen soll. Einziger fester Anker vielleicht: Das rote Tuch, das sich als Kleid entpuppt – und diejenige markiert, die für den Frühling geopfert werden wird.

Mit einem Schlag, plötzlicher Dunkelheit und Stille endet das. Dann steht nur einen Wimpernschlag später das gesamte Opernhaus: frenetischer Applaus, Bravo-Rufe, Begeisterungs-Pfiffe, ein „Vorhang“ nach dem anderen. Atemberaubend.

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