Neue Tanztheater-Spielzeit Brito-Mambo, dann „Água“ im Herbst

Wuppertal · Mit einer wundervollen Neueinstudierung von „Sweet Mambo“ aus dem Jahr 2008 hat sich das Wuppertaler Tanztheater aus der aktuellen Spielzeit verabschiedet. Alte Bekannte aus der Ursprungsaufführung sowie die nahezu unwiderstehliche Präsenz von Naomi Brito sorgten für Gänsehaut-Feeling.

 So schön kann das sein, aber später auch ganz anders: Julie Shanahan, Daphnis Kokkinos und Michael Strecker in der gerade gelaufenen Neueinstudierung von „Sweet Mambo“.

So schön kann das sein, aber später auch ganz anders: Julie Shanahan, Daphnis Kokkinos und Michael Strecker in der gerade gelaufenen Neueinstudierung von „Sweet Mambo“.

Foto: Karl-Heinz Krauskopf

Doch damit nicht genug: Außergewöhnlich intensive, zarte Soli oder Zweier-Begegnungen beispielsweise von Andrey Berezin, Héléna Pikon, Nazareth Panadero und Michael Strecker sowie eine fast nervenaufreibend brutale Verzweiflungsszene, die von Julie Shanahans Kraft lebt, sorgten für einen fesselnden Bogen, der des Menschen ganze Gefühlswelt umspannt: Liebe, Nähe, Sehnsucht, Zurückweisung, aber auch das Lachen, das schelmische Augenzwinkern plus diese immer wieder so köstlich schrägen persönlichen Geschichten, die Pina Bausch ihre Ensemblemitglieder stets hat erzählen lassen. „Sweet Mambo“ ist ihr vorletztes Stück gewesen. Und jetzt sozusagen ein letzter Abschiedsgruß der scheidenden Intendantin Bettina Wagner-Bergelt.

Aber nicht ganz: Denn die kommende Spielzeit des Tanztheaters hat Bettina Wagner-Bergelt ganz bewusst gemeinsam mit ihrem Nachfolger Boris Charmatz als Phase des Überganges auf die Schiene gesetzt.

Los geht es mit einer Neueinstudierung der internationalen Koproduktion „Água“, die 2016 zuletzt in Wuppertal zu sehen war – und die lebensbejahende Sanftheit Brasiliens ins Zentrum rückt. Gespielt wird „Água“ an sieben Tagen Mitte und Ende September, der Vorverkauf hat schon begonnen.

Es folgen „Kontakthof“ und „Vollmond“ im November – und nicht zu vergessen: Am 21. August startet im Von der Heydt-Museum die Begegnung von Werken der US-amerikanischen Bewegungsskulpturkünstlerin Senga Nengudi mit Tanz-Performances von Julie Anne Stanzack.

Das kommende Jahr 2023 beginnt an sieben Abenden im Januar gleich mit einem dreiteiligen Tanztheater-Paukenschlag: Los geht er mit „Café Müller“ von 1978 als erster Neueinstudierung unter der Leitung von Boris Charmatz, dann folgt das Duett „common ground[s]“ mit Germaine Acogny aus dem Senegal und der Ex-Pina-Bausch-Tänzerin Malou Airaudo, schließlich präsentiert ein Ensemble mit Tänzerinnen und Tänzern aus 13 afrikanischen Nationen deren Interpretation von „Das Frühlingsopfer“ zur Musik von Stravinsky mit dem Wuppertaler Sinfonieorchester unter der Leitung von Patrick Hahn.

 Naomi Brito in „Sweet Mambo“. Die Rolle in der Ursprungsaufführung tanzte Regina Advento.

Naomi Brito in „Sweet Mambo“. Die Rolle in der Ursprungsaufführung tanzte Regina Advento.

Foto: Evangelos Rodoulis

Im April kommt nochmals „Das Stück mit dem Schiff“ sowie im Mai das lang vermisste „Palermo Palermo“

Der Mai des kommenden Jahres wird außerdem auch zum Monat für „Wundertal“, das erste große Wuppertal-Tanz-Projekt, das Boris Charmatz‘ Handschrift trägt: Beispielsweise mit einer 200-Menschen-Performance auf einer für den Autoverkehr gesperrten Stadtstraße soll ein Happening zu „Palermo Palermo“ für ganz neue Bilder sorgen. Übrigens völlig unabhängig vom Wetter – und ganz bewusst auch im Regen, falls welcher fällt.

Boris Charmatz beschrieb bei der Vorstellung der Spielzeit 2022/2023 seine große Lust auf „die Magie von Wuppertal“: Dazu gehört sein Choreographie-Experimental-Projekt „terrain“, das den Tanz auf neue Weise sowohl ins Theater, aber auch an zahllose Open-Air-Plätze, wo alle zusehen können, bringen soll. Der neue Intendant zeichnete das Bild einer „brennenden Kunst“ ...

Sagen wir es so: Wuppertal steht zweifellos eine sehr besondere kommende Spielzeit bevor.

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