Zuletzt gelesen: Rundschau-Buchkritiken Doppelter Nazi-Zeit-Blick

Wuppertal · Deserteure der Wehrmacht — das ist immer noch ein Tabu-Thema. Für die Begegnungsstätte Alte Synagoge als Herausgeberin hat Florian Hans zusammen mit Ronsdorfer Schülern die Geschichte von 23 Deserteur-Erschießungen auf Erbschlö aufgearbeitet.

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Foto: Begegnungsstätte Alte Synagoge

Entstanden ist "Wegen Fahnenflucht zum Tode verurteilt", ein etwa DIN A4 großes 80-Seiten-Buch, das keine Fragen offen lässt. Dass das so ist, tut oft weh — ist aber ein großes Verdienst aller, die hier mitgewirkt haben. Exaktes Material, tiefgehende Erklärungstexte, aufwendige Illustrationen, sehr genaues Lektorat und eingehende Schilderungen der verschiedenen Schicksale liefern in einem sehr engagierten Buch ein Gesamtbild, das (lokale) Geschichte außergewöhnlich anfassbar macht.

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Foto: Agenda-Verlag

Wer sich über Deserteure informieren will, wer über sie spricht, diskutiert oder gar urteilt, muss diesen Band lesen.

Eigenverlag der Alten Synagoge, fünf Euro im Buchhandel.

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Ebenfalls den Blick auf die NS-Zeit — jedoch auf nur eine Person — richtet der in Wülfrath lebende Wuppertaler Markus Kiel. Er hatte nach einem Flohmarktfund zahlreiche NS-Hintergründe des Wuppertaler Ex-IHK-Präsidenten Friedrich Wachs beleuchtet. Jetzt geht es mit der Überschrift "Ich würde mich wieder für die NSDAP entscheiden!" um die kritisch begleiteten autobiographischen Aufzeichnungen des Wuppertaler NSDAP-Kreisleiters Alfred Straßweg (1902 bis 1997). Die Unterlagen erhielt Markus Kiel von einem Wuppertaler Unternehmer, der anonym bleiben will.

Der Text zeigt Verblendung und unbelehrbare Weltsicht par excellence — ein Klassiker nach der Melodie "Der gute Nazi, dem es immer um das Wohl des Volkes ging"... Sehr wichtig, dass dieses Dokument an die Öffentlichkeit kommt.

Markus Kiel liefert überbordende Fußnotenanmerkungen: Das macht das Lesen anstrengend. Auch wimmelt der Text, der, so der Autor, in einer nicht abschließend korrigierten Fassung gedruckt wurde, von Fehlern: Das ist sehr ärgerlich. Dass Kiel in seiner Schlussbetrachtung die Rückblick-Beschönigung von Nazi-Tätern und Verantwortlichen des DDR-Regimes in einem Atemzug nennt, müsste hart und kritisch diskutiert werden.

Agenda-Verlag, 24,80 Euro.

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