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Frischer Wind: Die Oper lebt und bebt mit 150 Kids

Frischer Wind : Die Oper lebt und bebt mit 150 Kids

Nicht nur mit einem fulminanten Saisonstart zeigte der neue Intendant, dass in der Oper ein frischer Wind weht. Jetzt lud Berthold Schneider 150 Wuppertaler Kids ein, die demnächst im Pulcinella-Projekt selber Bühnenluft schnuppern werden.

Donnerstagmorgen kurz vor 9 Uhr am Opernhaus, trotz der relativ frühen Stunde ist hier viel los. Schulklassen mit Lehrern und Betreuern trudeln ein, stehen ein wenig unsicher vor dem Musentempel, treten dann aufgeregt über die Schwelle. Der Lärmpegel ist hoch, auch noch, als die Kids die Garderobe entern, um dort Jacken und Rucksäcke zu verstauen. Hier findet heute eine ganz besondere Premiere statt, 150 Kids werden die Auftaktveranstaltung zum Pulcinella-Projekt besuchen, das sie selbst später zu kleinen Stars machen wird.

Es gongt, Zeichen dafür, dass es los geht. "Halt, die Schlümpfe stecken noch im Schulbus, war wohl ein Stau", bittet Opernintendant Berthold Schneider noch um fünf Minuten Geduld, denn ohne die Jüngsten möchte er den Tag nicht starten. Dann sind auch die Schlümpfe eingetroffen, vier Gruppen bilden sich, die im Laufe der nächsten zwei Stunden vier unterschiedliche Stationen durchlaufen werden, so eine Menge über Oper und Theaterarbeit erfahren.

Die erste Gruppe startet im Eingangsfoyer, nimmt auf den Stufen Platz und wird von Theaterpädagogin Sylvia Martin begrüßt. Sofort ist es mucksmäuschenstill. Dann wird es spannend, die junge Mezzosopranistin Catriona Morison aus dem Opernensemble singt eine Arie aus Pulcinella.

 Große Augen und dichtes Gedränge gab es im Kleinen Foyer, als Ausstatter Claus Stump einen ersten Einblick ins Bühnenbild gab. Zwar noch im Mini-Format, aber eine kleine Light-Show war schon möglich.
Große Augen und dichtes Gedränge gab es im Kleinen Foyer, als Ausstatter Claus Stump einen ersten Einblick ins Bühnenbild gab. Zwar noch im Mini-Format, aber eine kleine Light-Show war schon möglich. Foto: Raina Seinsche
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Kaum beendet, prasseln die Fragen der Kids auf sie nieder: Welche Sprache ist das? Kannst Du das alles auswendig? Wie singt man so laut? Kannst Du auch normal, so wie wir singen? Catriona trifft den Ton der Kids, beantwortet alle Fragen. "Die Kids sollen erfahren, was Operngesang ist, wie die Singstimme funktioniert, dass man sich zunächst warm singen muss.", erläutert Sylvia Martin und fordert die Kinder zu einem Warm-up mit Catriona auf. Da wird gesummt und gebrummt, die Geräusche eines Hubschraubers imitiert und gesungen.

Weiter geht's ins Kronleuchterfoyer, hier warten der Geiger Liviu Neagu-Gruber, der Pianist Michael Cook und Gerold Hacke von Educationteam des Orchesters auf ihre jungen Besucher. Alles dreht sich um die Töne, wie sie entstehen, und um die Arbeit eines Geigers. "Mindestens drei Stunden am Tag muss ich üben", erklärt Liviu. Ein kleines Mädchen fühlt mit ihm, auch sie hat es mal mit der Geige versucht, aber aufgegeben.

Dann dürfen die Kids das Alter des Instruments raten. Bei 15 Jahren fangen die Schätzungen an, ein hohes Alter für ein Teil, das noch funktioniert. Doch das gute Stück stammt aus dem Jahr 1685, ungläubiges Staunen, aber drauf spielen sollten die Kids besser nicht. Sofort verspricht ihnen die Musikerin Gunda Gottschalk, demnächst mit einer Geige in die Klasse zu kommen, die dann auch ausprobiert werden darf.

Jetzt heißt es Treppensteigen, denn die nächste Station ist im Kleinen Foyer unter dem Dach der Oper. Hier warten Regisseurin Kirsten Uttendorf und Ausstatter Claus Stump auf die Schüler. Erzählen vom Aberglauben am Theater, vom Pulcinella-Komponisten und schon ein klein wenig von Pulcinella und ihrer Geschichte. Und auch hier sitzt ein andächtiges Auditorium vor den Theatermachern, stellt Fragen, glänzt mit eigenem Wissen und geht mit. Besonders gut kommt der erste Bühnenbildentwurf von Claus Stump an, der wie ein Puppenhaus im Kasten wirkt.

Die Zeit verfliegt und die letzte Station ist erreicht, die Kids betreten das Heiligtum des Hauses, die große Bühne. Techniker Georg Polednia gibt eine kurze Sicherheitseinweisung, der Orchestergraben wird erklärt und ein kleiner Junge erfährt, wie es klappt, dass die Sänger zur richtigen Zeit auf der richtigen Bühnenposition erscheinen. Zuletzt ein Winken ins imaginäre Publikum.

Zum Ende des spannenden Vormittags landen alle Gruppen gemeinsam im Zuschauerraum. Berthold Schneider begrüßt seine kleinen Ehrengäste, vermittelt den Eindruck, er habe es hier mit den zukünftigen Stars zu tun. Berührungsängste kennen beide Seiten nicht. Acht Kinder dürfen sich auf der Bühne nach Regieanweisung bewegen, dazu gibt's wieder Live-Musik und eine kleine Light-Show.

In den nächsten Wochen werden die Kinder in den verschiedensten AGs mit dem Education-Team des Orchesters, aber auch mit den Künstlern der Winzig-Stiftung wie Gunda Gottschalk (Musik), Julie Shanahan (Tanz), Jacob Fedler und Andrea Raake (beide Bildende Kunst) am Pulcinella-Projekt weiter arbeiten, bevor schon im November die ersten Probetage anstehen.